Rechtsanwalt carsten laumann

4107, Leipzig
Rechtsgebiete
Zivilrecht IT-Recht
23.10.2012

BGH zur Preisanpassungsklausel im Mietvertrag


Wirksame Klausel
Die WSV prüft nach Ablauf von jeweils drei Jahren, erstmals zum 1. Januar 2001, ob das Nutzungsentgelt noch ortsüblich oder sonst angemessen ist. Bei einer Änderung setzt sie den zusätzlich oder den weniger zu zahlenden Betrag nach billigem Ermessen (§ 315 BGB) fest und teilt dem Nutzer die Höhe des künftig zu zahlenden Nutzungsentgelts mit.
Aus den Urteilsgründen
Die gewählte Formulierung in § 5 Abs. 4 Satz 1 des Nutzungsvertrages bringt in verständlicher Art und Weise zum Ausdruck, dass die Klägerin nicht nur bei einer Veränderung der ortsüblichen Miete, sondern auch dann zu einer Mietpreisanpassung berechtigt ist, wenn zum Prüfungszeitpunkt die gezahlte Miete keinen ausreichenden Gegenwert mehr für die Nutzung des Mietgegenstands darstellt. Der Begriff des angemessenen Nutzungsentgelts soll dabei erkennbar die Fälle erfassen, bei denen, unabhängig von einer Veränderung der ortsüblichen Miete, das von den Parteien bei Vertragsschluss vorausgesetzte Äquivalenzverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung aufgrund von sonstigen Veränderungen, etwa durch die allgemeine Preisentwicklung, nicht mehr gewahrt ist (vgl. BGHZ 189, 131 = NJW 2011, 2501 Rn. 36). Eine genauere Bezeichnung des Anlasses für eine Mietanpassung erfordert das Transparenzgebot nicht.…

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stellen Preisänderungsklauseln bei langfristigen Vertragsverhältnissen, insbesondere solchen, die auf Leistungsaustausch gerichtet sind, ein geeignetes und anerkanntes Instrument zur Bewahrung des Gleichgewichts von Preis und Leistung dar. Denn sie dienen dazu, einerseits dem Verwender das Risiko langfristiger Kalkulation abzunehmen und ihm seine Gewinnspanne trotz nachträglicher ihn belastender Kostensteigerungen zu sichern, und andererseits den Vertragspartner davor zu bewahren, dass der Verwender mögliche künftige Kostenerhöhungen vorsorglich schon bei Vertragsschluss durch Risikozuschläge aufzufangen versucht …

Eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners der Klägerin ergibt sich auch nicht daraus, dass die Klägerin durch ihre faktische Monopolstellung die zur Begründung eines Mieterhöhungsverlangens herangezogene Vergleichsmiete mittelbar selbst bestimmen kann.

Soweit das Berufungsgericht die Auffassung vertritt, die Klausel benachteilige den Vertragspartner deshalb, weil in ihr nicht geregelt sei, ob die Klägerin bei Vorliegen der im Vertrag genannten Voraussetzungen zur Anpassung der Miete verpflichtet sei, verkennt es die Rechtsfolgen, die sich aus der Bezugnahme in § 5 Abs. 4 Satz 2 des Nutzungsvertrages auf § 315 BGB ergeben. Ist dem Gläubiger ein Leistungsbestimmungsrecht nach § 315 Abs. 1 BGB eingeräumt, so ist er auch verpflichtet, die Bestimmung zu treffen, sofern der Schuldner ein Interesse an der Vertragsanpassung hat …
Schließlich wird der Beklagte durch die Klausel auch nicht dadurch unangemessen benachteiligt, dass ihm für den Fall der wirksamen Ausübung des Leistungsbestimmungsrechts keine Kündigungsmöglichkeit eingeräumt wird. Eine Preisanpassungsklausel muss nicht zwingend die Möglichkeit einer vorzeitigen Kündigung des Vertragsverhältnisses vorsehen. Die Einräumung eines Kündigungsrechts kann bei einer Klausel, die für sich betrachtet eine unangemessene Benachteiligung bewirken könnte, einen Ausgleich darstellen, damit die Klausel der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 BGB standhält (vgl. BGH Urteil vom 15. November 2007 - III ZR 247/06 - NJW 2008, 360 Rn. 13). Wird der Vertragspartner des Verwenders durch eine Preisanpassungsklausel jedoch nicht unangemessen benachteiligt, wird die Klausel nicht deshalb unwirksam, weil sie für den Fall der Ausübung des Preisanpassungsrechts keine Kündigungsmöglichkeit für den anderen Vertragsteil vorsieht.
BGH | Urteil vom 27.06.2012 | XII ZR 93/10