Rechtsanwalt Thorsten Blaufelder

Kanzlei Blaufelder
71638, Ludwigsburg
10.12.2014

Zu spät erfolgte Heirat kann Witwenrente kosten

Heiratet ein Partner seine todkranke Frau, kann auch eine zuvor bestehende 20-jährige „wilde Ehe“ nicht die Annahme einer Versorgungsehe widerlegen. Stirbt die Ehefrau innerhalb eines Jahres nach der Hochzeit, hat der hinterbliebene Partner dann keinen Anspruch auf eine Witwerrente, entschied das Hessische Landessozialgericht (LSG) in Darmstadt in einem am Dienstag, 09.12.2014, bekanntgegebenen Urteil (AZ: L 2 R 140/13).

Bei der Vermutung einer Versorgungsehe geht der Gesetzgeber davon aus, dass die Ehe nur wegen des Erhalts späterer Witwen- oder Witwerrenten geschlossen wurde. Die gesetzlichen Regelungen schließen daher Versorgungsansprüche aus, wenn die Ehe nicht mehr als ein Jahr bestanden hat. Eine Ausnahme besteht nur, wenn Hinterbliebene nachweisen können, dass keine Versorgungsehe bestand.

Im jetzt entschiedenen Fall hatte der 54-jährige, in Frankfurt am Main lebende Kläger im Juni 2008 seine unheilbar an Krebs erkrankte Lebensgefährtin geheiratet. Als die Frau bereits sieben Monate nach der Hochzeit starb, beantragte der Witwer eine Witwenrente.

Die Rentenversicherung lehnte den Antrag ab, da eine Versorgungsehe vorgelegen habe. Die Frau sei innerhalb eines Jahres nach der Hochzeit gestorben.

Der Kläger argumentierte, dass der Tod seiner Frau zum Zeitpunkt der Hochzeit nicht absehbar gewesen sei. Außerdem habe er mehr als 20 Jahre mit seiner Frau in eheähnlicher Gemeinschaft zusammengelebt. Sie hätten zudem auch früher schon heiraten wollen.

Doch dies reicht zum Widerlegen einer Versorgungsehe nicht aus, entschied das LSG in seinem Urteil vom 16.09.2014. Weder habe ein plötzlicher, unvorhersehbarer Tod vorgelegen, noch seien die tödlichen Folgen der Krebserkrankung zum Zeitpunkt der Eheschließung nicht absehbar gewesen.

So habe die prognostische Lebenserwartung der Frau weniger als ein Jahr betragen. Deshalb habe das Paar bei der Anmeldung der Eheschließung auch auf eine schnelle Bearbeitung gedrängt. Das langjährige Zusammenleben in „wilder Ehe“ sei eine bewusste und freie Entscheidung des Paares gegen die Ehe gewesen und könne die Vermutung einer Versorgungsehe nicht widerlegen. Frühere konkrete Heiratspläne habe der Kläger ebenfalls nicht beweisen können.

Nach einem Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) in Kassel aus 2009 dürfen die Rentenkassen aber nicht automatisch von einer Versorgungsehe ausgehen, wenn Sterbenskranke heiraten (Urteil vom 05.05.2009, AZ: B 13 23/08 R). Im damaligen Fall hatte sich das Paar nach 30 Ehejahren scheiden lassen. Als bei dem Mann Krebs diagnostiziert wurde, traten beide aber wieder vor das Standesamt. Die Frau wollte den Mann pflegen, der konnte sich ein Zusammenleben ohne Trauschein aber nicht vorstellen. Der Mann starb acht Monate nach der zweiten Hochzeit.

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