LAG Rheinland-Pfalz: Arbeitgeber bleibt auf Studiengebühren sitzen
Wenn Unternehmen bei einem Dualen Studium Rückzahlungsklauseln einseitig zu ihren Gunsten formulieren, können Studierende davon später profitieren. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz in Mainz entschied in einem am Montag, 09.12.2019, veröffentlichten Urteil, dass eine Studentin nichts zurückzahlen muss, weil die einseitigen Vertragsklauseln insgesamt unwirksam sind (AZ: 7 Sa 6/19).
Die ehemalige Studentin hatte mit einem Unternehmen ein hier als „Training-on-the-Job“ bezeichnetes duales Studium an der privaten „Europäischen Fachhochschule“ (EUFH) in Brühl bei Bonn vereinbart. Der Vertrag ging über sechs Semester bis zum Bachelor und enthielt mehrere Blöcke betrieblicher Arbeit von jeweils etwa drei Monaten. Das Unternehmen zahlte der EUFH die Studiengebühren von monatlich 660,00 € und der Studentin eine monatliche Vergütung von 1.300,00 €.
Allerdings waren die Studiengebühren laut Vertrag nur ein Darlehen. Dies war zurückzuzahlen, wenn das „Training-on-the-Job“ vorzeitig beendet wird oder Studierende nach ihrem Abschluss ein Stellenangebot des Unternehmens ablehnen.
Hier kündigte die Studentin ihr duales Studium nach zwei Jahren auf, um bei einer anderen Firma zu arbeiten. Das Unternehmen forderte daraufhin Studiengebühren in Höhe von 17.040,00 € zurück.
Wie nun das LAG Mainz entschied, muss die Studentin dies nicht bezahlen. Das Darlehen für die Studiengebühren sei nur vorgeschoben gewesen, in Wirklichkeit habe es sich um eine „typische Rückzahlungsvereinbarung“ gehandelt. Solche Klauseln seien zwar durchaus legitim, müssten dann aber ausgewogen sein. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt habe bereits 2008 entschieden, dass es sich hier auch bei einem „Training-on-the-Job“ um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt (Urteil vom 18.03.2008, AZ: 9 AZR 186/07). Vom Arbeitgeber einseitig vorformulierte Klauseln seien daher insgesamt unwirksam.
Im Streitfall seien die Kosten bei einem Abbruch einseitig der Studentin aufgebürdet worden – selbst dann, wenn das Unternehmen dafür verantwortlich ist und sogar dann, wenn das Unternehmen vertragswidrig kündigt. Auch mögliche wichtige Gründe, die zu einem Abbruch durch Studierende führen können, würden nicht berücksichtigt.
„Eine Rückzahlungsklausel stellt nur dann eine ausgewogene Gesamtregelung dar, wenn es der Arbeitnehmer selbst in der Hand hat, durch eigene Betriebstreue der Rückzahlungsverpflichtung zu entgehen“, heißt es in dem Mainzer Urteil. Das sei bei der hier vereinbarten Rückzahlungsklausel nicht der Fall. Sie führe daher zu einer unangemessenen Benachteiligung der Studierenden und sei insgesamt unwirksam.
Daher könne sich das Unternehmen nicht darauf berufen, entschied das LAG in seinem jetzt schriftlich veröffentlichten Urteil vom 28.08.2019. Das gelte dann auch im konkreten Fall, in dem die Studentin aus eigenem Wunsch gekündigt hat.
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Der Beitrag Wirksame Rückzahlungsklauseln sind ein schwieriges Unterfangen erschien zuerst auf Thorsten Blaufelder.