Im Streit um die Herstellerrabatte für Arzneimittel musste die niederländische Versandapotheke Doc Morris vor dem Bundessozialgericht (BSG) in Kassel eine weitere Niederlage einstecken. Nach einem am Donnerstag, 24.01.2013, verkündeten Urteil konnte Doc Morris früher von den Herstellern keine Erstattung der Rabatte verlangen (AZ: B 3 KR 11/11 R).
Der Herstellerrabatt wurde 2003 per Gesetz eingeführt, um die Arzneimittelausgaben der gesetzlichen Krankenkassen zu begrenzen. Er betrug zunächst 6 und nun 16 Prozent. Die Kassen verringern ihre Vergütung an die Apotheken entsprechend, die Apotheken wiederum können das Geld von den Pharmaherstellern zurückverlangen.
Die genaue Abwicklung haben Apotheken und Krankenkassen in einem Rahmenvertrag vereinbart. Die Teilnahme an dem Vertrag war und ist nach Überzeugung der Hersteller Voraussetzung für die Erstattung der Rabatte.
Doc Morris war diesem Vertrag allerdings erst am 13.11.2008 beigetreten – nach einer ersten Niederlage im Rabattstreit vor dem 1. BSG-Senat (Urteil vom 28.07.2008, AZ: B 1 KR 4/08 R). Am 17.12.2009 folgte eine weitere Niederlage vor dem 3. BSG-Senat (AZ: B 3 KR 14/08 R). Seit 2010 ist die Teilnahme ausländischer Apotheken am Rahmenvertrag auch gesetzlich geregelt.
Ohne Erfolg machte Doc Morris in dem neuen Verfahren geltend, der Herstellerrabatt sei gesetzlich verordnet, zu tragen hätten ihn die Hersteller. Dies müsse auch für Apotheken gelten, die wie Doc Morris ihren Sitz außerhalb Deutschlands haben. Andernfalls verstoße dies gegen den freien Waren- und Dienstleistungsverkehr in der Europäischen Union.
Doch der 3. BSG-Senat wies Doc Morris erneut ab. Ohne den Rahmenvertrag als rechtliche Grundlage könne die Versandapotheke keine Geldforderungen gegen Dritte, nämlich die Hersteller, geltend machen.
In der mündlichen Verhandlung hatte Doc Morris vehement auf eine Vorlage des Streits an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg gedrängt. Das BSG lehnte dies aber ab: Die europarechtlich interessante Frage, ob Doc Morris schon früher dem Rahmenvertrag hätte beitreten können, sei hier nicht mehr relevant gewesen.
Konkret muss nach dem neuen Kasseler Urteil das Pharmaunternehmen Servier Deutschland GmbH die von Doc Morris geforderten Herstellerrabatte in Höhe von rund 63.250 Euro für die Jahre 2003 bis 2007 nicht zahlen. Insgesamt hat die Versandapotheke mit Sitz in den Niederlanden nach Angaben ihrer Anwälte noch Forderungen in Höhe von knapp einer Million Euro gegen die Pharmahersteller offen.
Wie schon in den früheren Fällen will die Versandapotheke auch gegen das neue Urteil Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe einlegen.
Nach Angaben von Doc Morris verweigern einige Hersteller trotz des Beitritts zum Rahmenvertrag auch heute noch die Erstattung des Herstellerrabatts. Hierfür zeigten die obersten Sozialrichter in der mündlichen Verhandlung wenig Verständnis.
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