Zeigen Arbeitnehmer ihren Chef wegen vermeintlich strafbarer Handlungen bei Behörden an, sind sie nicht immer vor einer Kündigung geschützt. Dies entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln in einem am Mittwoch, 21.11.2012, bekanntgegebenen Urteil (AZ: 6 Sa 71/12). Eine Kündigung in solchen sogenannten „Whistleblowing“-Fällen sei nur unter bestimmten Voraussetzungen unwirksam.
Die Kölner Richter beriefen sich dabei auf eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EGMR) für Menschenrechte in Straßburg vom 21.07.2011 (Az.: 28274/08). Dieser hatte entschieden, dass Arbeitnehmer grundsätzlich Behörden über vermeintliche Missstände des Arbeitgebers informieren dürfen. Dies gebiete ihr Recht auf freie Meinungsäußerung. Allerdings habe der Beschäftigte auch Loyalitätspflichten gegenüber seinem Chef einzuhalten und müsse dessen Ruf in der Regel schützen.
Lege der Arbeitnehmer Missstände offen, müsse er dabei in „gutem Glauben und in der Überzeugung“ gehandelt haben, dass die Informationen wahr seien. Die Offenlegung der Missstände müsse im „öffentlichen Interesse“ liegen“. Es dürfe keine anderen „diskreteren Mittel“ geben, um gegen die angeprangerten Vorwürfe vorzugehen. Nur unter diesen Voraussetzungen sei eine Kündigung unzulässig, so der EGMR.
Gestützt darauf wies nun das LAG Köln die Kündigungsschutzklage einer Hauswirtschafterin ab. Sie hatte bei Eheleuten gearbeitet und war in der Probezeit zunächst fristgemäß gekündigt worden. Nach Erhalt der Kündigung schwärzte die Beschäftigte die Eheleute beim Jugendamt an. Diese würden ihre zehn Monate alte Tochter verwahrlosen lassen. Ein kinderärztliches Attest konnte jedoch keine Zeichen von Verwahrlosung feststellen. Nach der Anzeige kündigten die Eheleute der Hauswirtschafterin nun fristlos.
Die Wirksamkeit der fristlosen Entlassung bestätigte nun auch das LAG in seinem Urteil vom 05.07.2012. Die Anzeige sei eine „unverhältnismäßige Reaktion auf die zuvor ausgesprochene ordentliche Kündigung“ gewesen. Selbst wenn man annehmen würde, dass die Vorwürfe korrekt wären, hätte die Hauswirtschafterin vor einer Anzeige ihre Loyalitätspflichten beachten müssen. Sie hätte eine interne Klärung der Vorwürfe mit dem Ehepaar versuchen müssen. Erst wenn dies ohne Erfolg geblieben wäre, hätte sie die Behörden einschalten dürfen.
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