Rechtsanwälte dürfen Verbraucher nicht über den Tisch ziehen. Einen schon für sich bedenklich hohen Gebührensatz dürfen sie daher nicht mit einer unüblichen Aufstockung des Gegenstandswerts verbinden, wie der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe in einem am 30.03.2020 veröffentlichten Urteil entschied (AZ: IX ZR 140/19).
Im Streitfall hatte ein Fachanwalt für Arbeitsrecht aus München in einem Kündigungsschutzverfahren für einen Arbeitnehmer eine Abfindung in Höhe von 10.000,00 € ausgehandelt. 9.876,00 € überwies der Arbeitgeber direkt auf das Konto des Anwalts. Der gab das Geld nicht etwa an seinen Mandanten weiter, sondern verlangte von diesem noch weiteres Honorar in Höhe von 1.400,00 €.
Vereinbart war ein Stundenhonorar von 290,00 € zuzüglich pauschal 15,00 € je Anwaltsstunde für das Sekretariat. Mindestens allerdings schuldete der Mandant „das Dreifache der gesetzlichen Vergütung“. Diese richtet sich üblich nach dem Streit- oder Gegenstandswert, bei Kündigungsschutz- und ähnlichen Verfahren üblich in Höhe von drei Brutto-Monatsgehältern. Hier enthielt der Vertrag freilich noch die Klausel: „Eine Abfindung wird abweichend von der gesetzlichen Regelung dem Gegenstandswert hinzugerechnet.“
Nachdem er die Abfindung von 10.000,00 € ausgehandelt hatte, legte der Anwalt einen Gegenstandswert von 23.934,00 € zugrunde – und stellte seinem Mandanten 11.276,00 € in Rechnung.
Wie in der Vorinstanz schon das Oberlandesgericht (OLG) München urteilte nun auch der BGH, dass die der Rechnung zugrundeliegenden Vergütungsklauseln unwirksam sind. Sie seien intransparent und führten zu einer unangemessenen Benachteiligung des Mandanten.
Dabei betonte der BGH zunächst, dass vorformulierte Vertragsbedingungen eines Rechtsanwalts gegenüber Verbrauchern der gerichtlichen Kontrolle unterliegen, wenn sie wie hier von den gesetzlichen Vorgaben abweichen.
Hier sei die dreifache gesetzliche Regelgebühr „schon für sich bedenklich“. Ob dies allein schon unangemessen gewesen wäre, ließen die Karlsruher Richter aber offen. „Jedenfalls in Verbindung mit der Klausel über die Erhöhung des Gegenstandswertes benachteiligt die Klausel über die Verdreifachung der gesetzlichen Gebühren die betroffenen Verbraucher unangemessen“, heißt es in dem jetzt schriftlich veröffentlichten Urteil vom 13.02.2020. Die entsprechenden Vertragsklauseln seien daher unwirksam und nicht anwendbar.
Allerdings akzeptierte der BGH den Stundensatz von 290,00 €, aber ohne Sekretariatszuschlag. Statt der in einer Alternativrechnung des Anwalts unterstellten über 25 Stunden schienen den Karlsruher Richter aber nur knapp viereinhalb Stunden plausibel. Danach steht dem Anwalt ein Honorar von 1.541,00 € zu. Den Rest der vom Arbeitgeber überwiesenen Abfindung, 8.336,00 €, muss er an seinen Mandanten herausgeben – zuzüglich Zinsen.
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