Eine vertragliche Vereinbarung „Geld gegen Vollzug der Ehe“ verstößt gegen die guten Sitten und ist nichtig. Dies gilt auch, wenn die Zahlung einer im islamischen Recht üblichen „Morgengabe“ an den Vollzug der Ehe gekoppelt ist, entschied das Amtsgericht Darmstadt in einem aktuell veröffentlichten Beschluss vom 15.05.2014 (AZ: 50 F 366/13 GÜ).
Die „Morgengabe“, eine vor einer Hochzeit vereinbarte Gabe des Bräutigams von Geld oder Gütern an die Braut, ist heute noch nach islamischem Recht üblich. Früher gab es diese Form der Brautgabe auch in Deutschland. Häufig dient sie der nachehelichen Absicherung der Frau; sie wird dann zwar schon zur Hochzeit vereinbart, aber erst im Fall einer Trennung oder Scheidung fällig.
Im jetzt entschiedenen Fall ging es um ein Paar, welches 1999 im Iran heiratete. Der Bräutigam verpflichtete sich in einer notariellen Heiratsurkunde, seiner Liebsten Geld, zwei Anteile eines Hauses sowie Gold, teilweise in Form von Goldmünzen zu zahlen. Sinn und Zweck der „Morgengabe“ sollte hier aber nicht nur die Absicherung der Ehefrau im Falle einer Scheidung sein, sie wurde auch für die „Erfüllung der ehelichen Pflichten“ und den „Vollzug der Ehe“ gezahlt.
Als das Ehepaar nach Deutschland übersiedelte, folgte schließlich die Scheidung. Der Mann hatte nach eigenen Angaben der Frau Schmuck und Grundstücksteile übereignet. Das versprochene Gold im Wert von 180.000,00 € wollte er jedoch nicht auszahlen. Nach iranischem Recht sei auch ein Ehebruch der Frau zu berücksichtigen, welcher seine Leistungspflicht ausschließe, so der Mann.
Den Antrag der Frau, den Mann zur Zahlung des Goldes zu verpflichten, lehnte das Amtsgericht ab. Das „Morgengabe“-Versprechen, „eine hohe Geldsumme für den Vollzug der Ehe zu zahlen, entspricht nicht dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden und widerspricht somit den guten Sitten“, heißt es in dem Beschluss. Die Vereinbarung sei daher nichtig.
Es sei zudem ein „Freiheitsrecht der objektiven Werteordnung“ in Deutschland, frei und unabhängig von äußeren Einflüssen zu entscheiden, wann und ob man sich scheiden lassen will. Die Aussicht, bei einer Scheidung einen hohen Geldbetrag zahlen zu müssen, „schränkt die Freiheit des Verpflichteten ein“, rügte das Gericht. Auch sei die Absicherung der Ehefrau im deutschen Rechtssystem ebenfalls mit dem Anspruch auf Unterhaltszahlungen gewährleistet.
In einem anderen Verfahren hatte das Oberlandesgericht (OLG) Hamm am 04.07.2012 entschieden, dass ein im Iran abgeschlossener Ehevertrag über eine „Morgengabe“ im Falle einer Scheidung auch in Deutschland Gültigkeit haben kann, selbst wenn die Beteiligten mittlerweile Deutsche geworden sind (AZ: 8 UF 37/12).
Die ohne Zwang abgeschlossene Vereinbarung sei auch nicht sittenwidrig, selbst wenn sie die Leistungsfähigkeit des Ehemanns übersteige. Die ihr zugrundeliegenden iranischen Wertvorstellungen seien zu respektieren, so das OLG. Die Pflicht zum „Vollzug der Ehe“ war in dem Ehevertrag allerdings nicht aufgeführt.
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