Schwerhörige haben Anspruch auf ein Hörgerät über dem Festpreis, wenn sie dies beruflich brauchen. Zuständig für die Mehrkosten ist dann allerdings die Rentenversicherung, wie das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel in einem am Freitag, 05.07.2013, veröffentlichten schriftlichen Urteil entschied (AZ: B 3 KR 5/12). Der Antrag kann danach aber auch einheitlich bei der Krankenkasse eingereicht werden.
Genau dies hatte im Streitfall die Klägerin getan. Sie arbeitete als Qualitätsmanagementbeauftragte bei einem Wohlfahrtsverband. Zu ihren Aufgaben gehörte es unter anderem, Fortbildungen, Qualitätszirkel und Arbeitsgruppen zu moderieren. Laut Attest ihres Arztes war hierfür ein hochwertiges Hörgerät erforderlich.
Die Krankenkasse bewilligte den Festbetrag, Anpassungsstücke für ihr Ohr sowie eine Reparatur-Pauschale, insgesamt 655,00 €. Weitere 1.957,00 € zahlte die Schwerhörige zunächst selbst.
Wie nun das BSG in seinem jetzt schriftlich veröffentlichten Urteil vom 24.01.2013 entschied, müssen die Sozialträger ihr aber ein höherwertiges Gerät bezahlen. Sie sei darauf beruflich angewiesen. Maßgeblich sei dabei nicht eine generelle Erwerbsfähigkeit, sondern die konkrete Tätigkeit. Im Streitfall könne die Qualitätsmanagementbeauftragte die in ihrer Stellenbeschreibung festgelegten Tätigkeiten ohne ein höherwertiges Hörgerät nicht mehr erfüllen.
Zuständig für die Mehrkosten über dem Festpreis ist bei einem beruflich begründeten Bedarf allerdings der Rententräger im Rahmen der beruflichen Rehabilitation, stellte das BSG klar. Nach dem Kasseler Urteil können Kassen- und Rehabilitationsleistung aber trotzdem einheitlich bei der Krankenkasse beantragt werden. Die Krankenkasse muss den Antrag dann weiterleiten.
Im Streitfall hatte die Krankenkasse dies allerdings versäumt. Als „erstangegangener Träger“ muss sie daher die gesamten Kosten übernehmen, urteilte das BSG.
Nach jüngerer Rechtsprechung müssen die Krankenkassen eventuell auch unabhängig von einem beruflichen Bedarf ein höherwertigeres Gerät über dem Festpreis bezahlen. Grundlage ist ein BSG-Urteil vom 17.12.2009. Danach sind Festbeträge für Hörgeräte zwar zulässig, sie müssen aber so hoch sein, dass sie für einen wirklichen Behinderungsausgleich ausreichen. (AZ: B 3 KR 20/08 R). In der Folge hatten das Sozialgericht Aachen (AZ: S 13 KR 233/10) und das Sozialgericht Detmold (AZ: S 5 KR 97/08) einen „möglichst vollständigen Behinderungsausgleich“ gefordert. Beide Gerichte sprachen daher im jeweiligen Einzelfall den Klägern ein Hörgerät über dem Festpreis zu.
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