Rechtsanwalt Thorsten Blaufelder

Kanzlei Blaufelder
71638, Ludwigsburg
28.08.2012

Skype-Chatprotokolle können als Beweismittel zulässig sein

Sind Arbeitnehmer wegen Diebstahlverdachts gekündigt worden, können von ihrem Arbeitsplatz-Computer aus versandte Chat-Nachrichten als Beweismittel nachträglich noch verwertet werden. Die fehlende Anhörung des Betriebsrates führt nicht zu einem Beweismittelverwertungsverbot, entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm in einem jetzt veröffentlichten Urteil vom 10.07.2012 (AZ: 14 Sa 1711/10). Auch liege hier kein unzulässiges Nachschieben von Kündigungsgründen vor.

Im entschiedenen Rechtsstreit hatte ein bei einem Armaturenhersteller beschäftigter Netzwerkingenieur gegen seine fristlose Kündigung geklagt. Der heute 49-jährige Mann war am 20.03.2009 fristlos entlassen worden, weil er über die Internetplattform eBay mit Hilfe eines Mittelmanns zwei offenbar gestohlene oder zumindest illegal beschaffte Badezimmerarmaturen verkauft hatte. Die Armaturen seien zum Preis von 418,90 und 518,79 € veräußert worden, der Neupreis liege bei 1.366,75 € pro Armatur, so der Arbeitgeber. Im Warenbestand des Unternehmens hätten genau zwei solcher Armaturen gefehlt.

Neben Zeugenaussagen führte das Unternehmen nach Ausspruch der Kündigung auch Chat-Protokolle als Beweismittel für ein geschäftsschädigendes Verhalten an. Die Chat-Nachrichten wurden auf dem Arbeitsplatz-Computer des Beschäftigten sichergestellt. Dabei hatte der Kläger über die Chat-Software Skype sich genau über die fehlenden Armaturen mit einem ehemaligen Kollegen ausgetauscht.

Der Netzwerkingenieur bestritt illegale Machenschaften. Jemand anderes müsse seinen PC benutzt haben. Woher er die zwei bei eBay verkauften Armaturen hatte, wollte er nicht sagen. Er hielt die Kündigung zudem für unwirksam. Die Chat-Protokolle seien erst nach der ausgesprochenen Kündigung vorgelegt worden, ohne dass dazu der Betriebsrat angehört wurde. Damit handele es sich um ein unzulässiges Nachschieben von Kündigungsgründen.

Das LAG hielt die fristlose Kündigung jedoch für wirksam. Der Kläger habe gegen die Vermögensinteressen des Arbeitgebers verstoßen, indem er Waren aus dem Unternehmen illegal erlangt und weiter veräußert hat. Darauf wiesen auch die sichergestellten Chat-Protokolle hin.

Diese seien als Beweismittel auch zu verwerten. Die Chat-Protokolle seien zwar erst nach dem Ausspruch der Kündigung sichergestellt und eingebracht worden, so die Hammer Richter. Ein Nachschieben von Kündigungsgründen sei dies jedoch nicht. Denn die Chat-Protokolle würden keinen neuen Kündigungssachverhalt beinhalten. Auch gebe es keine ausdrückliche Bestimmung, dass der Betriebsrat vor der Verwendung eines solchen Beweismittels angehört werden muss.

Der Kläger könne sich nicht darauf berufen, dass der Arbeitgeber rechtswidrig seine privaten Daten auf dem Arbeitsplatz-PC ausspioniert und damit sein allgemeines Persönlichkeitsrecht verletzt hat. Das Unternehmen habe die gelegentliche private Nutzung des PCs zwar im Einzelfall erlaubt, dabei aber auch betont, dass der Rechner überwacht werde und der Kläger damit keine Vertraulichkeit erwartet werden könne.

Gegen das Urteil hat der Kläger Revision beim Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt eingelegt (AZ: 2 AZR 743/12).

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