Rechtsanwalt Thorsten Blaufelder

Kanzlei Blaufelder
71638, Ludwigsburg
24.11.2011

Schweres Kind als Umzugsgrund

Will ein Hartz-IV-Empfänger in eine teurere Wohnung umziehen, muss er auch einen vernünftigen Grund dafür haben – andernfalls braucht das Jobcenter nicht die vollen Unterkunftskosten zu übernehmen. Kann eine alleinerziehende Mutter ihr eineinhalbjähriges Kleinkind aus gesundheitlichen Gründen nicht in den 4. Stock ihrer Wohnung tragen, kann dies ein solcher sachlicher Grund für einen Umzug sein, entschied das Bundessozialgericht (BSG) am Donnerstag, 24.11.2011, in Kassel (AZ: B 14 AS 107/10 R). Letztlich entscheide jedoch eine „Kosten-Nutzen-Analyse“, ob die neue und teurere Unterkunft wirklich erforderlich ist, so der 14. Senat des BSG.

Im verhandelten Rechtsstreit hatte sich eine Hartz-IV-Empfängerin aus Freiburg nach der Geburt ihrer Tochter von ihrem Lebensgefährten getrennt. Da die Wohnung im vierten Stock lag, suchte sich die Alleinerziehende eine neue Unterkunft.

Die Warmmiete für die neue Wohnung in Höhe von 663,00 € monatlich – 262,00 € mehr, als die alte Wohnung kostete – sollte das Jobcenter voll übernehmen. Sie könne wegen Rückenproblemen und einer chronischen Sehnenscheidenentzündung ihr zehn Kilogramm schweres Kind nicht immer rauf und runter tragen. Die neue Wohnung gelte zudem nach Kosten und Größe immer noch als angemessen.

Trotzdem wollte das Jobcenter die höhere Miete nicht voll übernehmen. Der Umzug sei verzichtbar gewesen. Zwar habe die Langzeitarbeitslose ein Schreiben ihres Arztes vorgelegt, in dem dieser den Umzug dringend angeregt hatte. Eine für den Umzug notwendige zwingende Diagnose sei aber nicht angegeben worden. Außerdem müsse die alleinerziehende Mutter das Kind in einem halben Jahr sowieso nicht mehr tragen. Dann könne es auch laufen.

Das BSG wies den Fall an das Landessozialgericht Baden-Württemberg zurück. Die Klägerin habe unter Umständen mit dem Tragen des Kindes in den vierten Stock einen sachlichen Grund für einen Umzug gehabt. Ob die Mehrkosten gerechtfertigt sind, soll nun mit einer Kosten-Nutzen-Analyse vor dem Landessozialgericht Baden-Württemberg überprüft werden.