Zahlt ein Arbeitgeber regelmäßig Provisionen, kann dies zu höherem Elterngeld führen. Werden die Provisionen laut Arbeitsvertrag regelmäßig zu einem bestimmten Stichtag ausgezahlt, sind diese Einkünfte als laufendes Arbeitsentgelt anzusehen, welches bei der Elterngeldberechnung berücksichtigt werden muss, urteilte am Mittwoch, 26.03.2014, das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel (AZ: B 10 EG 7/13 R, B 10 EG 12/13 R und B 10 EG 14/13 R). Bei erst in der Elternzeit nachgezahlten Provisionen geht der Schuss allerdings nach hinten los. Dann werden die Zahlungen mindernd auf das Elterngeld angerechnet.
In den jetzt vom 10.-BSG-Senat entschiedenen Fällen hatten eine Lehrgangs-Managerin und eine Vertriebsbeauftragte aus Rheinland-Pfalz sowie eine aus Baden-Württemberg stammende Personalvermittlerin im Außendienst geklagt. Alle drei Frauen wehrten sich gegen die Elterngeldberechnung der zuständigen Elterngeldstellen.
Nach den gesetzlichen Bestimmungen richtet sich die Höhe des Elterngeldes nach dem durchschnittlich erzielten Nettoeinkommen der letzten zwölf Monate vor der Geburt des Kindes. In der Regel sind dies 67 Prozent vom Nettoeinkommen, höchstens 1.800,00 € und mindestens 300,00 € monatlich. Für Einkünfte ab 1.240,00 € wurde die Höhe des Elterngeldes ab 2011 auf 65 Prozent gesenkt.
Die Klägerinnen hatten vor der Geburt ihrer Kinder ein monatliches Grundgehalt von 3.000,00 bis 3.100,00 €. Ihr Arbeitgeber zahlte jedoch entsprechend der arbeitsvertraglichen Regelungen an bestimmten Stichtagen zusätzlich Umsatz- bzw. Vertriebsprovisionen. Neben dem Grundgehalt erhielten die Klägerinnen so alle paar Monate, in einem Fall sogar monatlich meist zwischen 1.800,00 und über 4.000,00 € ausgezahlt.
Die Elterngeldstellen berücksichtigten die Provisionen jedoch bei der Höhe des Elterngeldes nicht mit. Der Arbeitgeber habe diese im Lohnsteuerabzugsverfahren als „sonstige Bezüge“ gekennzeichnet. Nach den gesetzlichen Bestimmungen müssten „sonstige Bezüge“ bei der Elterngeldberechnung aber unberücksichtigt bleiben. Der Gesetzgeber habe dies so geregelt, um das Verwaltungsverfahren zu Gewährung des Elterngeldes zu vereinfachen und eine möglichst schnelle Auszahlung zu ermöglichen, so das beklagte Land Rheinland-Pfalz.
Die Klägerinnen wollten dies nicht hinnehmen. Sie argumentierten, dass ihre regelmäßig gezahlten Provisionen laufendes Arbeitsentgelt sei, welches daher in die Elterngeldberechnung erhöhend einfließen müsse. Ihr Arbeitgeber habe schlicht fehlerhaft die Provisionszahlungen als „sonstige Bezüge“ im Lohnsteuerabzugsverfahren gekennzeichnet. Dies dürfe aber nicht zu ihren Lasten gehen.
Das BSG urteilte, dass regelmäßige und zu einem bestimmten Stichtag gezahlte Provisionen bei der Elterngeldberechnung berücksichtigt werden müssen. Diese seien als laufendes Arbeitseinkommen zu werten. Die gesetzlichen Bestimmungen zum Elterngeld legten zwar fest, dass im Lohnsteuerabzugsverfahren als „sonstige Bezüge“ behandelte Einnahmen nicht bei der Elterngeldberechnung berücksichtigt werden dürfen.
Im Einkommensteuergesetz sei aber gar nicht klar definiert, was überhaupt „sonstige Bezüge“ seien. So werde in den entsprechenden Vorschriften festgelegt, dass „sonstige Bezüge“ Einkünfte seien, die nicht als laufender Arbeitslohn gezahlt werden. Insbesondere einmalige Arbeitslohnzahlungen wie Weihnachts- und Urlaubsgeld, Gratifikationen oder Nachzahlungen und Vorauszahlungen seien als „sonstige Bezüge“ anzusehen.
Nach Auslegung der gesetzlichen Bestimmungen seien dagegen regelmäßig, an einem bestimmten Stichtag ausgezahlte Provisionen als laufende Einkünfte anzusehen, die sich erhöhend auf das Elterngeld auswirken können. Anders sehe dies nur aus, wenn Provisionen voraus- oder nachgezahlt werden, um diese so in den Bemessungszeitraum der Elterngeldberechnung zu verlagern. In solch einem Fall müssten die Zahlungen unberücksichtigt bleiben.
Kritisch sah der Senat die Praxis der Elterngeldstellen, bei der Art der Einkünfte sich allein auf die Angaben des Arbeitgebers zu verlassen. Denn auch dieser könne Fehler machen, beispielsweise indem er das regelmäßige Grundgehalt als „sonstige Bezüge“ kennzeichnet. Auch dann müssten die Bezüge bei der Elterngeldberechnung berücksichtigt werden. Die Behörden könnten sich nicht aus Gründen einer Verwaltungsvereinfachung darauf berufen, dass sie sich allein auf die Angaben des Arbeitgebers zur Art der erzielten Einkünfte verlassen brauchen.
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