Die Krankenkasse darf eine häusliche Krankenpflege nicht nach Schema F verweigern. So kann selbst eine Rechenschwäche bei einem an Diabetes erkrankten Kind eine nächtliche häusliche Krankenpflege begründen, stellte das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz in Mainz in einem aktuell veröffentlichten Beschluss vom 10.03.2014 klar (AZ: L 5 KR 5/14 B ER).
Im konkreten Fall ging es um einen autistischen und an Diabetes erkrankten Jungen aus dem Raum Mainz. Das im Jahr 2000 geborene Kind leidet zudem an einer Rechenschwäche, der sogenannten Dyskalkulie. Wegen der Diabeteserkrankung muss bei dem Jungen etwa zehn- bis elfmal täglich der Blutzucker gemessen werden, davon zwei- bis dreimal auch nachts.
Doch wegen seiner Dyskalkulie überforderte die Blutzuckermessung den Jungen. Er konnte zwar die Werte mit einem Taschenrechner einigermaßen gut ausrechnen. Die Messergebnisse mussten jedoch immer überprüft werden.
Die Mutter beantragte für ihr Kind nun die Gewährung einer häuslichen Krankenpflege. Dabei legte sie ein ärztliches Attest vor. Danach sind die Berechnung der Insulindosis und auch die Insulingabe für eine erfolgreiche Behandlungspflege des Kindes erforderlich. Sie selbst könne die Blutzuckermessung nicht vornehmen. Sie habe drei autistische Kinder und sei wegen deren Betreuung am Ende. Bei ihrem Hausarzt habe sie sich bereits wegen Erschöpfungszuständen behandeln lassen.
Die Krankenkasse lehnte den Antrag ab. Das Kind erhalte sowieso schon Pflegegeld nach der Pflegestufe I. Außerdem sei es der Mutter zuzumuten, die Blutzuckermessung vorzunehmen.
Doch das LSG ordnete an, dass die Krankenkasse bis zum 30.09.2014 nachts eine häusliche Krankenpflege gewähren muss. Tagsüber sei die Blutzuckermessung jedoch der Mutter zuzumuten.
Häusliche Krankenpflege in einem Haushalt müsse nach den gesetzlichen Bestimmungen gewährt werden, „wenn diese zur Sicherung des Ziels der ärztlichen Behandlung erforderlich ist“. Eine weitere Voraussetzung sei, dass eine im Haushalt lebende Person den Kranken nicht in dem erforderlichen Umfang pflegen und versorgen kann.
Dies sei hier der Fall. Die nächtliche Blutzuckermessung und Insulingabe müsse bei dem Kind überwacht werden, da es wegen seiner Rechenschwäche nicht die Insulindosierung zuverlässig berechnen kann. Die Mutter könne wegen ihrer Erschöpfungszustände dies nachts nicht mehr leisten.
Der für die häusliche Krankenpflege zu beauftragende Pflegedienst dürfe darüber hinaus aber nicht tätig werden. Sei es beispielsweise erforderlich, dass das Kind wegen seines Blutzuckerspiegels nachts zur Nahrungsaufnahme aufgefordert werden muss, müsse der Pflegedienst hierfür die Mutter wecken.
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