Will eine Gewerkschaft ein unliebsames Mitglied loswerden, muss sie zeitnah handeln. Ein halbes Jahr nach Kenntnis der Gründe ist zu lang, urteilte am Dienstag, 18.09.2018, das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main (AZ: 4 U 234/17) gegen die Gewerkschaft der Lokomotivführer (GDL).
Nach internen Querelen hatte die GDL zum 01.09.2015 mehrere Funktionäre aus der Gewerkschaft ausgeschlossen, darunter die beiden stellvertretenden Bundesvorsitzenden. Beide hatten den harten Kurs des GDL-Vorsitzenden Claus Weselsky gegen die Deutsche Bahn nicht mitgetragen.
Offizieller Ausschlussgrund war hier vor allem, die Gewerkschafter hätten ihre Beiträge nicht korrekt gezahlt. Im konkreten Fall warf die GDL dem geschassten Vize zudem vor, er habe bei einer Betriebsratswahl auf einer „freien Liste“ kandidiert und gegenüber einer Zeitung scharfe Kritik an den Streiks der GDL geäußert.
Einer der früheren Stellvertreter klagte gegen seinen Ausschluss, hat inzwischen seine Mitgliedschaft allerdings auch selbst gekündigt.
OLG erklärt Rauswurf für unwirksam
Wie schon das Landgericht entschied nun auch das OLG Frankfurt, dass der Ausschluss unwirksam war.
Zur Begründung erklärten die Frankfurter Richter, für den Ausschluss eines Mitglieds müsse eine Gewerkschaft nicht nur einen „wichtigen Grund“ haben, der die weitere Mitgliedschaft „unzumutbar“ macht. Der Ausschluss müsse zudem „innerhalb einer angemessenen Frist nach Kenntnis der Gründe erfolgen“. Denn mit einem längeren Abwarten gebe die Gewerkschaft zu erkennen, dass ihr die fortgeführte Mitgliedschaft „trotz des Grundes nicht unzumutbar ist“.
Beitragsrückstände könnten einen Ausschluss ohnehin nur „in gravierenden Fällen“ rechtfertigen. Hier bezögen sich die Vorwürfe zudem auf die Jahre 2012 bis 2014. Die ebenfalls vorgeworfene Kandidatur für einen Betriebsrat auf einer „freien Liste“ habe bereits anderthalb Jahre zurückgelegen.
Ausdrücklich betonte das OLG, dass kritische öffentliche Äußerungen den Ausschluss aus einer Gewerkschaft rechtfertigen können. Hier habe der Ex-Vize die massiven Streiks der Lokführer als „falsch und schädlich für Deutschlands älteste Gewerkschaft“ bezeichnet. Geschlossenes Auftreten nach außen sei aber für eine Gewerkschaft besonders wichtig.
Gerade deshalb hätte es hier aber „nahe gelegen, auf diese Äußerungen möglichst umgehend mit einem Ausschluss zu reagieren“, betonte das OLG. Stattdessen habe die GDL aber nahezu sechs Monate abgewartet. Dadurch habe die Gewerkschaft „nach außen zu erkennen gegeben, dass diese Äußerungen auch unter Berücksichtigung ihrer öffentlichen Wirkung kein dringendes Bedürfnis für einen Ausschluss begründeten“.
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