Polizeibehörden dürfen Tätowierungen nicht selbst zu einem Einstellungshindernis erklären. Hierfür ist eine gesetzliche Grundlage erforderlich, wie das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg in Berlin in einem am Montag, 04.02.2019, bekanntgegebenen Beschluss entschied (AZ: 4 S 52.18). Es stützte sich dabei auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aus 2017.
Der Antragsteller hatte sich bei der Berliner Polizei beworben, war dort jedoch nicht zum Auswahlverfahren zugelassen worden. Grund war ein großflächiges Tattoo des Frauenschädels „La Catrina“, einer Symbolfigur des „Tags der Toten“ in Mexico. Beim Tragen der Sommeruniform sei das Tattoo sichtbar, so die Behörde.
Im Eilverfahren verpflichtete das OVG Berlin die Polizei nun, den Mann jedenfalls vorläufig zum Auswahlverfahren zuzulassen. Zur Begründung stützten sich die Berliner Richter auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 17.11.2017 (AZ: 2 C 25.17).
Dort hatten die Leipziger Richter zwar die Entlassung eines Berliner Polizeikommissars unter anderem wegen seiner Tätowierungen bestätigt. Grund war aber deren Inhalt: Es handelte sich um die Zeichen verfassungswidriger Musikgruppen. Solche Tattoos wögen schwerer als einmalige Äußerungen, weil sie eine „dauerhafte Abkehr“ vom Grundgesetz dokumentierten.
In den späteren schriftlichen Urteilsgründen stellt das Bundesverwaltungsgericht aber auch klar, dass Vorschriften für Tattoos in die Persönlichkeitsrechte der Polizisten eingreifen. Daher sei hierfür eine gesetzliche Grundlage erforderlich. Die bislang in Berlin vorhandene gesetzliche Ermächtigung zu Regelungen für die Dienstkleidung reiche hierfür nicht. Tätowierungen hätten „die Mitte der Gesellschaft erreicht“ und seien für die Bevölkerung daher nicht mehr von vornherein anstößig. Für große Tätowierungen am Unterarm oder gar an den Händen oder am Kopf könne zwar anderes gelten. „Die normative Leitentscheidung hierzu muss jedoch durch das Parlament und aufgrund aktueller Erkenntnislagen erfolgen“, heißt es in dem schriftlichen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts.
Entsprechend meinte nun auch das OVG, Beschränkungen bei den Tattoos von Polizeianwärtern und Polizisten müsse, zumindest „in Grundzügen“, der Berliner Gesetzgeber beschließen. Die hierfür notwendige parlamentarische Debatte dürfe die Polizeibehörde nicht vorwegnehmen. Ohne ein solches Gesetz könnten Tätowierungen nur dann zu einer Ablehnung führen, wenn sie – wie in dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Fall – Zweifel an der Verfassungstreue erlauben, so das OVG in seinem Beschluss vom 01.02.2019.
Deutlich vor dem Leipziger Grundsatzurteil hatten das OVG Nordrhein-Westfalen in Münster (Beschluss vom 29.09.2014, AZ: 6 B 1064/14) und zur Bundespolizei der Hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel (Beschluss vom 11.07.2014, AZ: 1 B 1006/14) Ablehnungen wegen großer Tattoos noch für zulässig gehalten.
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