Rechtsanwalt Thorsten Blaufelder

Kanzlei Blaufelder
71638, Ludwigsburg
16.07.2014

Pflegedienstkündigung nach Wallraff-Recherchen bleibt wirksam

© Fotowerk - Fotolia.comTrickst ein Pflegedienst bei der Abrechnung von Pflegeleistungen das Sozialamt aus, muss er mit einer fristlosen Kündigung des Pflegevertrages rechnen. Dies hat das Sozialgericht Berlin in einem am Freitag, 11.07.2014, bekanntgegebenen Beschluss klargestellt (AZ: S 212 SO 1647/14 ER). Es bestätigte damit zunächst vorläufig die Kündigung eines Pflegedienstes durch den Berliner Sozialsenator nach Recherchen des „Teams Wallraff“ auf RTL.

In der am 05.05.2014 gesendeten RTL-Dokumentation „Team Wallraff – Reporter Undercover“ hatte sich der Journalist Günter Wallraff als gesunder Rentner „Waldemar B.“ ausgegeben, der als Sozialhilfeempfänger Hilfe im Haushalt benötige. Die Geschäftsführerin eines Berliner Pflegedienstes gab Wallraff vor versteckter Kamera Anleitungen, wie dieser einen Schlaganfallpatienten vortäuschen könne, um so Hilfen vom Sozialamt zu erhalten. Sie gab ihm zudem einen Rollator, Windeln und eine Urinflasche.

Komme das Sozialamt für die so erhaltenen Pflegeleistungen auf, sollte Wallraff 25 Prozent als Belohnung erhalten. Die Geschäftsführerin sah sich aber schließlich unverhofft im Fernsehen wieder.

Aufgrund dieses und drei weiterer ähnlicher Fälle kündigte der Sozialsenator die mit der Pflegedienst-GmbH geschlossene Leistungsvereinbarung zur Erbringung von „Haushilfe und Hauspflege“ fristlos. Der Pflegedienst habe zulasten des Landes Berlin „in erheblichem Umfang und zumindest grob fahrlässig nicht erbrachte Leistungen abgerechnet“. Sie sei als unzuverlässig zu bewerten. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Betrugs.

Die Pflegedienst-Geschäftsführerin beschwerte sich, dass das Land sie kaltstellen wolle. Ihr drohe die wirtschaftliche Vernichtung. Sie verlangte, dass sie bis zur Klärung der Vorwürfe weiter ihre Pflegedienstleistungen erbringen und mit dem Sozialamt abrechnen könne. Sie sei von der Kündigung überrascht worden.

Das Sozialgericht entschied in seinem Beschluss vom 08.07.2014, dass die Geschäftsführerin sich bis zum Abschluss des Klageverfahrens und der strafrechtlichen Ermittlungen gedulden miss. Es gebe keine Eilbedürftigkeit. Auch seien nur die Bereiche „Haushilfe und Hauspflege“ gekündigt worden, die unter anderem die psychosoziale Betreuung, Maniküre und Haarwäsche umfasst. Dies mache aber nur 2,5 Prozent des monatlichen Umsatzes des Pflegedienstes aus, so dass auch keine wirtschaftliche Schieflage drohe.

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