Gewaltopfer müssen für einen Anspruch auf Opferentschädigung nicht letzte Zweifel ausräumen, dass ihre gesundheitlichen Schäden nicht auf Vorerkrankungen oder andere Belastungen zurückzuführen sind. Für eine Entschädigung reiche es aus, dass eine Krankheit in engem Anschluss zur Gewalttat ausgebrochen ist und später keine neuen wesentlichen Umstände hinzugekommen sind, die für die bestehenden Beschwerden verantwortlich gemacht werden können, entschied das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz in einem am Freitag, 06.09.2013, veröffentlichten Urteil vom 06.03.2013 (AZ: L 4 VG 11/11).
Geklagt hatte eine 1972 geborene Frau, die im Alter zwischen acht und 14 Jahren mehrfach von einem Onkel, einem Großvater und einem Nachbarn sexuell missbraucht wurde. Als Folge des Missbrauchs entwickelte sich eine posttraumatische Belastungsstörung und depressive Erkrankungen. Diese verstärkten sich mit dem Tod des Vaters und der späteren Trennung von ihrem Ehemann. Außerdem durchlebte die Frau noch belastende Erfahrungen mit einer Sekte.
Das für eine Opferentschädigung zuständige Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung stellte bei der Frau einen Grad der Schädigung von 50 fest und sprach ihr damit eine monatliche Opferrente in Höhe von 233,00 € zu. Eine höhere Rente sei nicht möglich, da die späteren Ereignisse nicht als Schädigungsfolgen des Missbrauchs anzusehen seien. Es handele sich um „schädigungsunabhängige Nachschäden“, die einen eigenständigen Anteil an der bestehenden Krankheit haben.
Das LSG urteilte: Die Nachschäden seien nicht als so groß anzusehen, dass diese die ursprünglichen Gewalttaten in den Schatten stellten. Die Frau sei daher nicht verpflichtet, letzte Zweifel auszuräumen. Letztlich müssten hier alle Krankheitsanteile als Schädigungsfolge des Missbrauchs angesehen werden. Es liege damit ein Schädigungsgrad von 80 vor. Der Frau stehe damit eine Opferrente in Höhe von 495,00 € monatlich zu.
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