Nur regelmäßig anfallende Überstunden können bei einem erkrankten Arbeitnehmer zu einem höheren Krankengeldanspruch führen. Hat der Arbeitnehmer wegen seiner Einarbeitung Überstunden gesammelt, bleiben diese beim Krankengeld aber unberücksichtigt, entschied das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg in Stuttgart in einem am Dienstag, 09.10.2018, veröffentlichten Urteil (AZ: 5 KR 4242/17).
Vor Gericht war ein Fernfahrer gezogen, der am 01.08.2013 ein neues Arbeitsverhältnis bei einer Speditionsfirma aufnahm. Doch wegen einer Erkrankung des Kniegelenks und wegen Vorhofflimmerns war er vom 18.09.2013 bis zum 04.05.2014 arbeitsunfähig erkrankt. Der Arbeitgeber hatte das Arbeitsverhältnis bereits zum 11.10.2013 gekündigt.
Bis zu diesem Zeitpunkt erhielt der Fernfahrer von seinem Arbeitgeber noch Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, anschließend sprang seine Krankenkasse mit Krankengeldzahlungen ein.
Danach sollte er täglich 45,22 € brutto (39,81 € netto) Krankengeld erhalten. Dagegen legte der Mann Widerspruch ein und führte an, dass er während seiner Tätigkeit fortlaufend Überstunden geleistet habe. Er habe eine wöchentliche Arbeitszeit von 67,75 Stunden gehabt. Ihm müsse daher Krankengeld in Höhe von 75,83 € brutto (64,99 € netto) täglich gewährt werden. Die Überstunden seien angefallen, weil er im Fernverkehr zeitgleich zusammen mit einem Kollegen im Lkw eingesetzt wurde. Während der eine fuhr, habe der andere als Beifahrer danebengesessen.
Die Krankenkasse berücksichtigte bei der Krankengeldberechnung schließlich nur drei Überstunden pro Woche.
Das LSG gibt der Krankenkasse Recht
Vor dem LSG hatte der Lkw-Fahrer keinen Erfolg. Überstunden seien nach dem Gesetz nur dann erhöhend beim Krankengeld zu berücksichtigen, „wenn sie regelmäßig geleistet werden“. Entscheidend seien hier die letzten 13 Wochen, die der Beschäftigte gearbeitet hat.
Hier habe das Arbeitsverhältnis allerdings nicht so lange gedauert, so dass die Regelmäßigkeit von Überstunden anhand „objektiver Kriterien“ abgeschätzt werden müsse. Die Überstunden des Klägers seien vorwiegend angefallen, weil er noch eingearbeitet werden musste. Die Mehrarbeit wegen der Einarbeitung falle aber nicht „regelmäßig“ an. Die Krankenkasse müsse daher auch nicht weitere Überstunden bei der Krankengeldberechnung einbeziehen, so das LSG in seinem Urteil vom 05.09.2018.
Artikel-Serie zum betrieblichen Eingliederungsmanagement (BEM)
Ein Betriebliches Eingliederungsmanagement (kurz: BEM) muss der Arbeitgeber für Mitarbeiter anbieten, die über einen längeren Zeitraum arbeitsunfähig erkrankt sind. Beim BEM handelt es sich nicht um ein einmaliges Gespräch, sondern um ein ergebnisoffenes Verfahren. Dessen Ziel ist es, Arbeitsunfähigkeit zu überwinden, erneuter Arbeitsunfähigkeit vorzubeugen und den Arbeitsplatz des betroffenen Beschäftigten zu erhalten.
Den ersten Teil des Beitrags finden Sie hier.
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