Das Land Berlin darf einer muslimischen Bewerberin für eine Lehrerinnenstelle nicht mit Verweis auf das staatliche Neutralitätsgebot pauschal das Tragen eines Kopftuches verbieten. Dies hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg in einem am Dienstag, 27.11.2018, verkündeten Urteil klargestellt und damit einer Muslima eine Diskriminierungsentschädigung in Höhe von eineinhalb Monatsgehältern zugesprochen (AZ: 7 Sa 963/18). Die Berlin Richter ließen die Revision zum Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt zu.
Die Klägerin, eine Diplominformatikerin, hatte sich als Lehrerin an einer normalen Schule beworben. Als sie eine Absage erhielt, meinte sie, dass allein das Tragen ihres islamischen Kopftuches dafür verantwortlich sei. Dies sei eine nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz unzulässige Benachteiligung wegen ihrer Religion. Sie verlangte vom Land Berlin eine Diskriminierungsentschädigung.
Das Land verwies unter anderem auf das 2005 eingeführte Berliner Neutralitätsgesetz. Danach dürfen Lehrkräfte an öffentlichen Schulen keine religiösen oder weltanschaulichen Symbole tragen. Ausgenommen davon sind nur berufliche Schulen.
In erster Instanz hatte das Arbeitsgericht Berlin das weitgehende Verbot von Kopftüchern und anderen religiösen Symbolen an öffentlichen Schulen in Berlin noch für verfassungsgemäß gehalten und die Entschädigungsklage der Diplominformatikerin daher abgewiesen (AZ: 58 Ca 7193/17).
Das LAG hob diese Entscheidung nun auf und sprach der Klägerin eine Entschädigung in Höhe von eineinhalb Monatsgehältern zu. Die Muslima sei wegen ihrer Religion benachteiligt worden. Das Land Berlin könne sich auch nicht auf das Berliner Neutralitätsgesetz aus dem Jahre 2005 und einem pauschalen Kopftuchverbot berufen. Dem stehe ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts entgegen.
Dieses habe 2015 entschieden, dass ein pauschales Kopftuchverbot an Schulen in Nordrhein-Westfalen verfassungswidrig war (Beschluss vom 27.01.2015, AZ: 1 BvR 471/10 und 1 BvR 1181/10). Der damit verbundene Eingriff in die Religionsfreiheit sei „erst dann zu rechtfertigen, wenn eine hinreichend konkrete Gefahr für den Schulfrieden oder die staatliche Neutralität feststellbar ist“.
Im vorliegenden Fall könne eine Gefahr für den Schulfrieden oder die staatliche Neutralität aber nicht festgestellt werden, so das LAG. Allerdings sei das Berliner Neutralitätsgesetz mit der Verfassung vereinbar, weil es verfassungskonform ausgelegt werden könne.
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