Geistig behinderte Grundschüler können die sogenannte Montessori-Therapie im Einzelfall vom Sozialamt im Rahmen der Eingliederungshilfe bezahlt bekommen. Voraussetzung hierfür ist, dass die Behandlung für das behinderte Kind erforderlich ist und im Bereich der Schule die pädagogische Arbeit der Lehrer nur unterstützt, urteilte am Donnerstag, 22.03.2012, das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel (AZ: B 8 SO 30/10 R).
Die Montessori-Therapie geht auf die italienische Reformpädagogin und Ärztin Maria Montessori zurück. Ziel der Montessori-Behandlung ist, das Kind zu mehr Selbstständigkeit und Selbstverantwortlichkeit heranzuführen. Dazu lernt es unterschiedliche Formen zu begreifen, Zusammenhänge zwischen Zahlen zu erkennen oder auch erste Buchstaben zuzuordnen. Letztlich soll das Kind besser alltägliche Lebenssituationen bewältigen können. Die Behandlung wird insbesondere bei geistig behinderten Kindern oder Kindern mit motorischen und Konzentrationsstörungen angewandt.
Im vor dem BSG verhandelten Fall hatten die Eltern ihrer 1998 geborenen geistig und sprachbehinderten Tochter eine Montessori-Einzeltherapie durchführen lassen. Die einstündige wöchentliche Behandlung hatte das Ziel, dass das Kind besser dem Schulunterricht folgen kann. Die Eltern wollten die Therapiekosten als Eingliederungshilfe vom Landkreis Ravensburg erstattet bekommen.
Der Landkreis zahlte jedoch nur die ersten vier Monate der Behandlung, bis Ende 2005. Danach müsse das Schulamt für die Kosten aufkommen, so der Landkreis. Denn die Schulverwaltung sei für die angemessene Schulbildung zuständig. Dazu gehörten auch Maßnahmen wie die Montessori-Therapie.
Die Eltern meinten dagegen, dass der Landkreis als Sozialhilfeträger für die noch offenen Kosten in Höhe von 1.181,50 € aufkommen müsse.
Dies bestätigte im Grundsatz auch der 8. Senat des BSG. Pädagogische Maßnahmen wie die Montessori-Therapie könnten auch in der Verantwortung des Sozialhilfeträgers liegen. Denn die Behandlung könne im Einzelfall eine geeignete und erforderliche Eingliederungshilfe sein. Die Schulverwaltung sei für die Kostenübernahme nicht zuständig. Denn die Montessori-Therapie stelle für die pädagogische Arbeit der Lehrer lediglich eine unterstützende Maßnahme dar.
Den konkreten Fall verwies das BSG allerdings an das Landessozialgericht Baden-Württemberg zurück. Dieses muss noch feststellen, ob die Montessori-Therapie tatsächlich für die Klägerin geeignet ist und diese sich positiv auf die Lernfähigkeit und das Lernverhalten auswirkt.
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