Rechtsanwalt Thorsten Blaufelder

Kanzlei Blaufelder
71638, Ludwigsburg
19.12.2014

Mehr Urlaub durch Arbeitgeberwechsel?

© Alexander Steinhof - Fotolia.comBei einem Arbeitgeberwechsel können Arbeitnehmer von ihrem neuen Chef grundsätzlich den noch verbliebenen Urlaub aus der vorhergehenden Tätigkeit einfordern. Der Arbeitnehmer muss allerdings mit der Urlaubsbescheinigung seines alten Arbeitgebers nachweisen, wie viele Urlaubstage er bereits in Anspruch genommen hat, urteilte am Dienstag, 16.12.2014, das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt (AZ: 9 AZR 295/13).

Geklagt hatte ein Berliner, der am 12.04.2010 eine Beschäftigung in einem Lebensmittelmarkt aufnahm. Als er arbeitsunfähig erkrankte, wurde das Arbeitsverhältnis beendet. Laut Arbeitsvertrag standen ihm neben den im Bundesurlaubsgesetz festgeschriebenen 24 Urlaubstagen weitere sechs Tage zu.

Einen Urlaubstag habe er bereits bei seinem früheren Arbeitgeber genommen, für die anderen im Jahr 2010 verbliebenen 29 Urlaubstage müsse sein letzter Chef nun aufkommen. Die Urlaubsabgeltung belaufe sich damit auf 2.152,00 €.

Der Arbeitgeber wollte dies nicht einsehen. Zum einen habe der Arbeitnehmer seine Ansprüche nicht rechtzeitig geltend gemacht, zum anderen fehle jeglicher Nachweis darüber, wie viele Urlaubstage der Kläger während seiner früheren Beschäftigung in Anspruch genommen hat.

Das BAG gab dem Arbeitnehmer im Wesentlichen recht, verwies das Verfahren aber an das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg zurück. Vor dem LAG müsse der Kläger noch einen Urlaubs-Nachweis von seinem vorhergehenden Arbeitgeber nachreichen. Der Kläger habe seinen Urlaubsabgeltungsanspruch jedoch fristgemäß eingefordert.

Die Erfurter Richter betonten, dass der gesetzliche Jahresurlaub von 24 Tagen sowie der arbeitsvertraglich vereinbarte Mehrurlaub grundsätzlich nicht verloren gehen dürfen. Einen Anspruch auf “doppelten Urlaub” gebe es aber auch nicht.

Wechselt der Arbeitnehmer innerhalb des ersten Halbjahres den Arbeitgeber, kann er die noch nicht genommenen Urlaubstage beim neuen Arbeitgeber voll beanspruchen. Bei einem Arbeitgeberwechsel im 2. Halbjahr kann der Arbeitnehmer beim alten Chef noch seinen vollen Urlaubsanspruch einfordern. Beim neuen Arbeitgeber könne dann nur anteilig, entsprechend der Beschäftigungsdauer im zweiten Halbjahr, der verbliebene Urlaub genommen werden.

Der Arbeitnehmer sei aber verpflichtet, dem neuen Arbeitgeber einen Nachweis über den beim alten Chef genommenen Urlaub vorzulegen. Auf eine entsprechende Urlaubsbescheinigung haben Beschäftigte einen Anspruch, betonten die Erfurter Richter.

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