Arbeitslose Behinderte müssen während einer Berufsbildungsmaßnahme mit Internatsunterbringung nicht ihre Wohnung aufgeben. Denn sie haben in dieser Zeit weiter Anspruch auf Hartz-IV-Leistungen, wie jedenfalls das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen in Essen in einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 13.03.2014 entschied (AZ: L 9 AS 310/13). Allerdings hatte das LSG Baden-Württemberg zuvor die gegenteilige Auffassung vertreten.
Weil im Essener Fall der damals 24-Jährige schwerbehinderte Kläger 2012 noch keine Berufsausbildung hatte, bewilligte ihm die Bundesagentur für Arbeit eine berufsvorbereitende Bildungsmaßnahme. Zum Konzept gehörte eine internatsmäßige Unterbringung. Die Bundesagentur trug sämtliche Kosten der sechsmonatigen Maßnahme und zahlte dem jungen Mann ein Ausbildungsgeld von 104,00 € monatlich.
Für die Kosten der bisherigen Wohnung wollte während dieser Zeit aber niemand aufkommen. Wie nun das LSG Essen entschied, muss aber das Jobcenter weiterhin Unterkunftskosten und andere Hartz-IV-Leistungen zahlen. Das Ausbildungsgeld kann es dabei anrechnen.
Zunächst entschied das LSG, dass das Ausbildungs-Internat nicht zu den „stationären Einrichtungen“ zählt, deren Bewohner von Hartz-IV-Leistungen ausgeschlossen sind. Der Behinderte habe seinen Lebensmittelpunkt weiterhin an seinem Früheren Wohnort gehabt und sei an Wochenenden und in den Ferien dort auch hingefahren.
Der Leistungsausschluss für Ausbildungen, die durch Bafög oder ähnliche Leistungen gefördert werden können, sei ebenfalls nicht einschlägig, so das LSG weiter. Dieser Ausschluss greife nur für allgemeine berufsvorbereitende Maßnahmen. Deren Teilnehmer könnten die gegenüber dem Ausbildungsgeld in der Regel deutlich höhere Berufsausbildungsbeihilfe bekommen.
Nach dem Essener Urteil werden speziell auf Behinderte zugeschnittene Maßnahmen von dem Ausschluss dagegen nicht erfasst. Aus dem Gesamtzusammenhang aller gesetzlichen Vorschriften ergebe sich, dass hier das Jobcenter weiter zahlen muss. Das Ausbildungsgeld könne es aber anrechnen.
Mit Urteil vom 15.05.2013 hatte das LSG Stuttgart zuvor die gegenteilige Auffassung vertreten (AZ: L 2 AS 1026/12). Beide Fälle sind bereits beim Bundessozialgericht (BSG) in Kassel anhängig (AZ: B 4 AS 55/13 R und B 14 AS 310/13 R).
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