Rechtsanwalt Thorsten Blaufelder

Kanzlei Blaufelder
71638, Ludwigsburg
05.09.2019

LKA-Beschäftigter kann trotz Hetze auf Facebook Job behalten

Äußert ein Beschäftigter eines Landeskriminalamtes (LKA) bei einer Diskussion auf Facebook diffamierende und rassistische Meinungen, führt dies nicht automatisch zu einer fristlosen Kündigung. Abhängig vom Einzelfall kann es dem Arbeitgeber zuzumuten sein, dem Beschäftigten abzumahnen und ihn zumindest bis Ablauf der regulären Kündigungsfrist auf einen weniger sicherheitsrelevanten Arbeitsplatz zu versetzen, wie das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einem am Mittwoch, 04.09.2019, veröffentlichten Urteil entschied (AZ: 2 AZR 28/19).

Die Erfurter Richter billigten damit ein Urteil des Thüringer Landesarbeitsgerichts (LAG), welches der Kündigungsschutzklage des LKA-Angestellten stattgegeben hatte. Der Mann ist seit Juli 2000 beim Land Thüringen und seit September 2014 als Schichtleiter beim IT-Dauerdienst des LKA beschäftigt. Er betreut alle IT-Systeme der Landespolizei, des Verbunds mit anderen Bundesländern, der Bundespolizei sowie den Digitalfunk aller sicherheitsrelevanten Stellen.

Am 31.08.2016 nahm er an einer öffentlichen Diskussion auf Facebook teil. Dort bezeichnete er die „Moslems“ als „Brut“ und „Abschaum“, der sich noch nicht einmal ohne unsere Hilfe in die Luft sprengen könne. Einen anderen Diskussionsteilnehmer bezeichnete er als „Hohlfrosch“, „Stück Nazischeiße“ und „Scheißlappen“.

Die Staatsanwaltschaft Erfurt ermittelte daraufhin wegen Volksverhetzung und Beleidigung und informierte darüber auch den Arbeitgeber. Das Amtsgericht Erfurt stellte das Strafverfahren gegen den LKA-Beschäftigten gegen Zahlung einer Geldbuße in Höhe von 4.000,00 € ein.

Doch der Facebook-Auftritt hatte auch dienstliche Folgen. Dem damals 52-jährigen IT-Beschäftigten wurde wegen seiner rassistischen Facebook-Posts im März 2017 fristlos gekündigt. Die Äußerungen ließen auf seine fehlende persönliche Eignung für den sicherheitsrelevanten Arbeitsplatz schließen. Es gebe Zweifel an der Verfassungstreue.

LAG gibt der Kündigungsschutzklage statt

Der LKA-Beschäftigte erhob Kündigungsschutzklage. Seine Äußerungen seien vom Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt gewesen, meinte er. Außerdem seien sie in der Freizeit getätigt worden. Sein Facebook-Profil mit Klarnamen gebe auch keinerlei Rückschlüsse über seinen Arbeitgeber oder seine berufliche Tätigkeit. Der Ruf des LKA sei nicht geschädigt worden. Er sei zudem während seiner 17-jährigen Tätigkeit beim Land weder ermahnt noch abgemahnt worden.

Das LAG urteilte, dass die fristlose Kündigung unwirksam ist (AZ: 6 Sa 204/18). Zwar fehle dem Kläger die persönliche Eignung für die Tätigkeit als Schichtleiter in der autorisierten LKA-Stelle, so das LAG. Die Äußerungen auf Facebook und während der Verhandlung führten zudem zu Zweifeln an der Verfassungstreue des Klägers. Trotz dieses Eignungsmangels wäre es dem Arbeitgeber aber mindestens bis zum Ablauf der regulären Kündigungsfrist zumutbar gewesen, den Kläger mit Alternativtätigkeiten zu beschäftigten.

Werde allein ein Verhalten gerügt, welches eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für den Arbeitgeber unzumutbar mache, hätte der Arbeitgeber zudem gerade bei einem langjährig Beschäftigten wie hier Maßnahmen ergreifen müssen, um dieses Verhalten abzustellen. Dazu gehöre etwa eine Abmahnung, sofern dies nicht von vornherein erfolglos erscheint. Das LKA habe aber keine Abmahnung ausgesprochen.

Diese LAG-Einschätzung hatte vor dem BAG nun Bestand. Dem Arbeitgeber wäre es nach den Umständen des Einzelfalls zuzumuten gewesen, mit einer Abmahnung künftigen Arbeitsvertragsstörungen zu begegnen. Gleiches gelte für die Annahme, den Kläger zumindest bis zum Ablauf der regulären Kündigungsfrist mit weniger sicherheitsrelevanten Alternativtätigkeiten zu beschäftigen.

Nicht zu beanstanden sei auch die LAG-Auffassung, dass die fristlose Kündigung nicht in eine ordentliche Kündigung umgedeutet werden könne. Die Annahme, dass eine solche ordentliche Kündigung wegen der fehlenden Beteiligung des Personalrats unwirksam sei, sei im Ergebnis „ohne Rechtsfehler“, so das BAG in seinem Urteil vom 27.06.2019.

 

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