Rechtsanwalt Thorsten Blaufelder

Kanzlei Blaufelder
71638, Ludwigsburg
05.12.2011

LAG Berlin-Brandenburg: Gauner darf “Beute” behalten

Haben sich Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz erschwindelt, kann der Arbeitgeber sie entlassen oder den Arbeitsvertrag anfechten. Bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses müssen sie den vereinbarten Lohn aber zahlen, heißt es in einem kürzlich veröffentlichten Urteil des Landesarbeitsgerichts (LAG) Berlin-Brandenburg in Berlin (AZ: 15 Sa 980/11).

Im Streitfall hatte der Arbeitgeber die Stelle eines Vertriebsmitarbeiters ausgeschrieben. Als Voraussetzung wurde ein Hochschul- oder ein Fachhochschulabschluss verlangt. Der Bewerber legte ein gefälschtes Diplomzeugnis vor und wurde prompt eingestellt – für ein Nettogehalt von gut 3.200,00 € plus Dienstwagen. Einschließlich Sozialabgaben gab die Arbeitgeberin in nur zwei Monaten insgesamt 12.100,00 € für den neuen Mitarbeiter aus.

Mit der Arbeit war die Arbeitgeberin allerdings nicht zufrieden. Falsch berechnete Angebote, patzige Reaktionen auf Kritik und fehlerhafte Übersetzungen aus dem Englischen – die Leistungen seien „sehr mangelhaft“, wenn nicht „ungenügend“ gewesen. Als der „Anstellungsbetrug“ aufflog kündigte die Arbeitgeberin fristlos und verlangte die bislang gezahlten 12.100,00 € zurück. Der Arbeitnehmer nahm die Kündigung hin, wollte das Geld aber behalten.

Das darf er auch, urteilte nun das LAG. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urteil vom 06.06.1972, AZ: 1 AZR 438/71) komme auch nach einem Betrug bei der Einstellung eine Haftung nur in Betracht, wenn dem Arbeitgeber ein Schaden entstanden ist. Das aber sei hier nicht der Fall, so das LAG. „Die Anstellung selbst stellt keinen Schaden dar.“

Ausnahmen kann es nach dem Berliner Urteil nur geben, wenn ein erschwindeltes Zeugnis gesetzliche Anforderung ist. Das habe das BAG zu einem vermeintlichen Arzt entschieden (Urteil 03.11 2004, AZ: 5 AZR 592/03), der ohne Approbation seine Arbeit gar nicht ausüben durfte. Im Fall es Vertriebsmitarbeiters mit erlogenem Hochschulabschluss treffe aber auch das nicht zu, so das LAG in seinem am 2408.2011 verkündeten und jetzt schriftlich veröffentlichten Urteil.

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