Stellen sich Gewaltopfer mit einer erlittenen Posttraumatischen Belastungsstörung in einer Gerichtsverhandlung selbstbewusst dem Täter, kann dies als Heilung der psychischen Störung gewertet werden. Eine Opferentschädigung in Form einer Grundrente scheidet dann aus, entschied das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg in einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 21.02.2013 (AZ: L 6 VG 3324/12).
Geklagt hatte eine Griechin, die am 15.07.2003 in ihrem Grill-Imbiss überfallen und beraubt wurde. Der Täter verletzte sie mit Schlägen am Kopf und am linken Handgelenk. Als Folge des Überfalls erlitt die Frau eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS), verbunden mit anhaltenden Ängsten, Schlafstörungen und immer wieder auftretenden Erinnerungen an die Gewalttat.
Die Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gaststätten hatte das Ereignis als Arbeitsunfall anerkannt und 78 Wochen Verletztengeld gezahlt. Eine Verletztenrente lehnte der Unfallversicherungsträger ab, da die PTBS mittlerweile ausgeheilt sei. Eine dagegen erhobene Klage wurde abgewiesen.
Die Frau hatte aber zeitgleich beim Versorgungsamt Stuttgart auch eine staatliche Opferentschädigung beantragt. Die Behörde lehnte diese ebenfalls mit der Begründung ab, dass die PTBS abgeklungen sei. Sie leide zwar noch an Depressionen und Angststörungen, diese gingen Gutachtern zufolge jedoch nicht auf den Überfall zurück. Die Frau habe sich vorher schon wegen psychischer Probleme behandeln lassen.
Dem folgte das LSG und entschied, dass die Imbissbesitzerin keine monatliche Grundrente nach dem Opferentschädigungsgesetz beanspruchen könne. Die Frau habe zwar eine PTBS erlitten, diese sei aber ausgeheilt. Auch für die Zeit, in der die PTBS noch bestand, könne kein Rentenanspruch geltend gemacht werden. Denn die Klägerin habe bereits vorrangige Leistungen der Berufsgenossenschaft erhalten.
Dass die nach dem Überfall erlittene PTBS abgeklungen sei, belege auch die Teilnahme der Klägerin als Zeugin am Strafprozess gegen den Täter vor dem Landgericht Stuttgart am 08.12.2003. Die Klägerin habe sich dort „der größten vorstellbaren psychischen Belastung – nämlich der Konfrontation mit dem Täter und den damit verbundenen Ereignissen im Gerichtssaal – gestellt“, so das LSG. Dies sei neben den ärztlichen Gutachten als „deutliches Anzeichen“ dafür zu werten, dass die PTBS-Symptome weitgehend nicht mehr bestünden. Eine Opferentschädigung gebe es daher nicht.
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