Rechtsanwalt Thorsten Blaufelder

Kanzlei Blaufelder
71638, Ludwigsburg
20.06.2013

Keine Hartz-IV-Kürzung wegen Erbschaft und bezahlter Schulden

© Harald07 - Fotolia.comErhalten überschuldete Hartz-IV-Empfänger eine Erbschaft, kann eine sofortige Schuldentilgung sich lohnen. Denn in diesem Fall darf das Jobcenter den gezahlten Teil des Erbes grundsätzlich nicht als Einkommen mindernd anrechnen, bekräftigte am Mittwoch, 12.06.2013, das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel (AZ: B 14 AS 50/12 R). Im Streitfall sicherte es so einer Arbeitslosen aus Neuss ihre Restschuldbefreiung aus einem Verfahren der Privatinsolvenz.

Wegen hoher Schulden hatte die Hartz-IV-Empfängerin Verbraucherinsolvenz angemeldet. Das Insolvenzgericht hatte einen Treuhänder bestellt, der pfändbares Vermögen an die Gläubiger verteilen sollte.

Als der Vater der Hartz-IV-Bezieherin starb, erbte sie 15.286,00 €. Die Frau wollte nun alles richtig machen. Sie informierte wegen ihres laufenden Insolvenzverfahrens den gerichtlich bestellten Treuhänder und auch das Jobcenter Rhein-Kreis Neuss über das zu erwartende Erbe.

Als das Geld dann auf ihrem Konto verbucht wurde, leitete sie noch am selben Tag die Hälfte des Betrages an den Treuhänder zur Begleichung ihrer Schulden weiter. Dies sieht die Insolvenzordnung auch so vor. Ohne die Weiterleitung des hälftigen Erbteils wäre später eine Befreiung von den restlichen Schulden im Insolvenzverfahren nicht möglich gewesen.

Das Jobcenter wertete dennoch die gesamte Erbschaft, also auch den an den Treuhänder überwiesenen Teil, als Einkommen. Damit erhielten die Frau und ihr Ehemann für ein halbes Jahr keine Hartz-IV-Leistungen mehr.

Die Arbeitslosen hielten das Vorgehen der Behörde für rechtswidrig. Das Jobcenter dürfe nicht das ganze Erbe, sondern nur die Hälfte der Erbschaft anrechnen. Sie seien schließlich nach der Insolvenzordnung verpflichtet gewesen, einen Teil des Erbes abzuführen. Andernfalls sei ihre Restschuldbefreiung gefährdet, so die Ehefrau.

Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen sah darin kein Problem und gab dem Jobcenter noch recht. Die Frau hätte das Erbe einfach nicht annehmen dürfen, meinten die Essener Richter.

Dem widersprach nun der 14. Senat des BSG. Das Erbe sei zwar der Frau zugeflossen. Da sie aber die eine Hälfte noch am gleichen Tag an den Treuhänder überwiesen hat, habe ihr nur noch die andere Hälfte des Erbes „als bereite Mittel“ zur Verfügung gestanden. In diesem Fall sei auch nur dieser Teil als Einkommen zu berücksichtigen.

Bereits am 29.11.2012 hatte das BSG ähnlich entschieden. Hier hatten Hartz-IV-Bezieher eine Steuererstattung umgehend zur Schuldentilgung verwendet (AZ: B 14 AS 33/12).

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