Allein eine Bedrohung mit vorgehaltener Waffe löst keinen Anspruch auf Opferentschädigung aus. Das hat am Dienstag, 16.12.2014, das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel entschieden (AZ: B 9 V 1/13 R). Danach kommt es bei einer reinen Drohung auf psychische Folgen nicht an. Auch spielt es keine Rolle, ob die Tatwaffe eine echte oder eine Schreckschusspistole war.
Damit wies das BSG eine heute 29-jährige Bankkauffrau aus Heilbronn ab. Sie stand am Schalter, als ihre Bank am 13.02.2009 überfallen wurde. Der Täter drohte mit einer ungeladenen Schreckschusspistole – die nicht nur für die Angestellte sehr echt aussah.
Zweieinhalb Monate war die Bankkauffrau wegen ständiger Angstzustände arbeitsunfähig krank. Seitdem arbeitet sie nicht mehr im direkten Kundenkontakt, sondern im Innendienst. Bis heute wirken die psychischen Folgen des Banküberfalls nach.
Daher beantragte die Frau eine Opferentschädigung. Voraussetzung hierfür ist laut Gesetz ein „vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff“.
Das Land Baden-Württemberg verweigerte die Entschädigung. Weil der Täter nur eine ungefährliche Schreckschusspistole gehabt habe, habe keine Gefahr und damit auch kein „tätlicher Angriff“ vorgelegen. Es habe „objektiv keine gefährliche Situation“ bestanden, so das Land.
Das BSG gab dem Land im Ergebnis recht, ging in seiner Begründung aber noch darüber hinaus. Nach dem Kasseler Urteil ist „die bloße Drohung mit einer, wenn auch erheblichen Gewaltanwendung oder Schädigung“ generell noch kein „tätlicher Angriff“. Das gelte nicht nur bei einer Schreckschusspistole, sondern auch bei einer echten, geladenen und entsicherten Waffe.
„Maßgeblich ist die Tätlichkeit des Angriffs, die physische Wirkung, die vom Täter ausgeht, nicht die psychische Wirkung, die beim Opfer ankommt“, betonte das BSG. Daher komme es auch nicht darauf an, welche gesundheitlichen Folgen eine reine Bedrohung hatte.
Die obersten Sozialrichter rückten damit von ihrer früheren Rechtsprechung ab. 2002 hatten sie nach einer Bedrohung mit geladener Waffe noch eine Opferentschädigung zugesprochen. Gesetzliche Voraussetzung sei aber eine tatsächliche physische Gewalt, begründete das BSG nun seine neue Meinung. Die Gerichte dürften dies nicht einfach auf Drohungen oder Erpressungen ausweiten. Dies könne nur der Gesetzgeber tun.
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