LAG Kiel: Oberärztin hat Anspruch auf Beschäftigung
Eine ungekündigte Oberärztin in einer Klinik hat einen Anspruch auf Beschäftigung und darf wegen Animositäten mit dem Chefarzt nicht einfach von der Arbeit freigestellt werden. Keine ordentlich unkündbare Arbeitnehmerin darf mit einer bezahlten Freistellung von der Arbeit unter Druck gesetzt werden, damit sie einem Aufhebungsvertrag zustimmt, entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein in Kiel in einem am Mittwoch, 08.04.2020, bekanntgegeben Urteil (AZ: 3 SaGa 7 öD/19).
Im Streitfall ging es um eine Ärztin, die als geschäftsführende Oberärztin in einer Klinik angestellt ist. Sie ist tariflich unkündbar. Neben der Versorgung der Patienten gehören zu ihren Aufgaben auch Lehrverpflichtungen und wissenschaftliche Arbeiten.
Als 2018 ein neuer Chefarzt in die Klinik kam, entwickelten sich Spannungen zwischen der Oberärztin und ihrem neuen Vorgesetzten. Als die Medizinerin nach längerer Arbeitsunfähigkeit Ende November 2019 wieder zur Arbeit erschien, wurde sie unter Fortzahlung ihrer Vergütung „insbesondere auch für Verhandlungen über die Aufhebung beziehungsweise Abwicklung ihres Anstellungsverhältnisses“ freigestellt. Sie musste Visitenkarten, Schlüssel, Mitarbeiterausweise und auch ihr Dienst-Laptop abgeben. Ihr Account an der Klinik wurde vom Arbeitgeber gelöscht.
Die Ärztin wollte sich dies nicht gefallen lassen und weiter als geschäftsführende Oberärztin arbeiten. Nachdem das Arbeitsgericht ihrem Antrag auf einstweilige Verfügung stattgab, wurde sie vorübergehend in einer anderen Klinik eingesetzt, allerdings nicht als geschäftsführende Oberärztin.
LAG entscheidet zu Gunsten der Oberärztin
Auch das LAG gab nun aber der Ärztin recht. Die Klägerin habe einen Anspruch auf Beschäftigung als geschäftsführende Oberärztin. Sie dürfe auch nicht deshalb ihre Arbeit verlieren, weil der Chefarzt ihre Position an einen mitgebrachten Oberarzt vergeben hat. Ein solcher vom Chefarzt hervorgerufener „Teamüberhang“ sei kein „schutzwürdiges Interesse für eine Freistellung“.
Die Oberärztin habe sich nichts zuschulden kommen lassen. Die Klinik habe die einseitige Freistellung „zur Durchsetzung nicht schutzwürdiger Eigeninteressen missbraucht“, so das LAG in seinem Urteil vom 06.02.2020. Die Oberärztin müsse nicht gegen ihren Willen Verhandlung über die Aufhebung und Abwicklung ihres Arbeitsvertrages führen. Die Eilentscheidung auf Weiterbeschäftigung sei auch deshalb dringend geboten, weil die Klinik die Oberärztin für Dritte quasi „unsichtbar“ gemacht hatte. Sie wurde nicht mehr auf der Klinik-Homepage aufgeführt und sie war sowohl in der Krankenversorgung als auch für die Wissenschaft und Forschung nicht mehr existent.
Monatlicher Newsletter
In meinem monatlich erscheinenden Newsletter berichte ich über Wissenswertes und Kurioses aus den Bereichen Arbeitsrecht, Mediation, Betriebliches Eingliederungsmangement, Coaching und aus meinem beruflichen Alltag.
Werden auch Sie Abonnent! Ganz unverbindlich und kostenlos…
Beratung im Arbeitsrecht notwendig?
Falls Sie eine arbeitsrechtliche Beratung benötigen, rufen Sie mich umgehend an.
Weitere aktuelle arbeitsrechtliche Entscheidungen und Neuerungen finden Sie auf meiner Facebook-Seite „Arbeitsrechtsinfos – Thorsten Blaufelder“.
Mein XING-Profil finden Sie hier.
Bildnachweis: © Trueffelpix – Fotolia.com
Der Beitrag Keine Freistellung von Arbeit wegen Animositäten mit dem Chefarzt erschien zuerst auf Thorsten Blaufelder.