Rechtsanwalt Thorsten Blaufelder

Kanzlei Blaufelder
71638, Ludwigsburg
10.03.2014

Keine Brustvergrößerung auf Kassenkosten bei Körbchengröße A

Körbchengröße A ist auch für intersexuelle, sich als Frau fühlende Menschen angemessen, bei denen das Geschlecht nicht eindeutig zugeordnet werden kann. Es besteht kein Anspruch auf eine Brustvergrößerung auf Kosten der Krankenkassen, urteilte am Dienstag, 04.03.2014, das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel (AZ: B 1 KR 69/12 R). Die Kasseler Richter wiesen damit die Klage einer intersexuellen Frau aus dem Raum Regensburg ab.

Bei intersexuellen Menschen kann nach der Geburt das Geschlecht nicht eindeutig bestimmt werden. So verfügt die sich als Frau fühlende Klägerin zwar über einen männlichen Chromosomensatz, aufgrund einer genetisch bedingten sogenannten Biosynthesestörung wurde jedoch nie das männliche Sexualhormon Testosteron gebildet. Dies führte dazu, dass die Klägerin seit ihrer Geburt äußerlich aussieht, wie eine Frau: Sie hat eine Scheide und eine Brust mit BH-Körbchengröße A bis B, die Eierstöcke und die Gebärmutter fehlen jedoch.

Um sich dennoch als „richtige“ Frau fühlen zu können, wollte die Klägerin ihre Brust vergrößern lassen. Ihre bereits vorhandene Brust hielt sie nicht für ausreichend. Bei der AOK Bayern beantragte sie daher die Kostenübernahme für eine Brustvergrößerung. Sie fühle sich als Frau, habe aber wegen ihrer kleinen Brust große Probleme in der Identitätsfindung.

Doch die Krankenkasse weigerte sich, zu zahlen. Leide die Klägerin an psychischen Problemen aufgrund ihrer Intersexualität, könne sie eine Psychotherapie beanspruchen. Doch mit der gewünschten Brustvergrößerung werde keine Krankheit behandelt, so dass die Krankenkasse auch nicht leistungspflichtig sei. Eine Krankheit liege vielmehr bei einem behandlungsbedürftigen „regelwidrigen Körper- und Geisteszustand“ vor.

Nicht jede körperliche Unregelmäßigkeit sei aber als Krankheit einzustufen. Hier verfüge die Klägerin über Brüste mit Körbchengröße A bis B, was im Hinblick auf die sehr große Variationsbreite der weiblichen Brust als normal anzusehen sei.

Die AOK verwies zudem auf ein früheres Urteil des BSG vom 11.09.2012 zum Anspruch von Transsexuellen auf Kostenübernahme für eine Brustvergrößerung (AZ: B 1 KR 9/12 R und B 1 KR 3/12 R). Bei Transsexuellen sind zwar die biologischen geschlechtlichen Merkmale von Geburt an normal entwickelt, Betroffene fühlen sich psychisch jedoch dem anderen Geschlecht zugehörig.

Die Kasseler Richter hatten hier entschieden, dass Mann-zu-Frau-Transsexuelle nur Anspruch auf Kostenerstattung für eine Brustvergrößerung haben, wenn sich im Rahmen der bei Geschlechtsumwandlungen üblichen Hormonbehandlung noch keine Brust in Körbchengröße A gebildet hat.

„Es gibt keinen sachlichen Grund, intersexuelle Menschen anders zu behandeln“, sagte Peter Masuch, Vorsitzender des 1. BSG-Senats. Die kleine Brust sei kein regelwidriger behandlungsbedürftiger Körperzustand. Nur dann müsse die Krankenkasse aber für eine Behandlung aufkommen. Die von der Klägerin gewünschte Brustvergrößerung habe auch nicht das Ziel, eine Körperfunktion wiederherzustellen. Es solle damit lediglich das äußere Erscheinungsbild beeinflusst werden. Ein Kostenerstattungsanspruch für eine Brustvergrößerung bestehe daher nicht.

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