BSG: Tanken ist immer rein privatwirtschaftliche Tätigkeit
Tanken auf dem Arbeitsweg ist reine Privatsache. Auch wenn ein Arbeitnehmer nicht genug Benzin im Tank hat, um von der Arbeit nach Hause zu fahren, begründet dies noch keinen gesetzlichen Unfallversicherungsschutz beim Tanken, urteilte am Donnerstag, 30.01.2020, das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel (AZ: B 2 U 9/18 R). Von früherer Rechtsprechung, wonach es im Einzelfall Ausnahmen geben kann, rückte das BSG ab.
Vor Gericht war eine Beschäftigte eines Speditionsunternehmens gezogen. Jeden Arbeitstag fuhr die aus Thüringen stammende Frau 75 Kilometer zur Arbeit hin und nach Arbeitsende wieder 75 Kilometer nach Hause zurück. Als sie am 20.09.2016 nach Arbeitsende die Heimfahrt antreten wollte, ertönte beim Start des Autos ein Tank-Warngeräusch. Laut Anzeige hätte sie mit dem verbliebenen Benzin noch 70 Kilometer fahren können.
Sie fuhr daher die nächstgelegene Tankstelle an. Dort rutschte sie auf einem Kraftstofffleck auf dem Boden aus. Dabei erlitt sie einen Bruch des rechten Sprunggelenks.
Von der Berufsgenossenschaft Handel und Warenlogistik wollte sie den Sturz als versicherten Wegeunfall anerkannt haben. Da sie ohne das Tanken nicht nach Hause gekommen wäre, sei die damit verbundene Unterbrechung des Arbeitsweges erforderlich gewesen. Sie habe nicht damit rechnen können, dass der Tank schon so leer war.
Die Berufsgenossenschaft lehnte die Anerkennung als versicherten Wegeunfall ab. So überraschend könne der Tank nicht leer gewesen sein, da die Frau jeden Tag 75 Kilometer zur Arbeit fahre. Angesichts der weiten Entfernung sei es ganz normal, dass Arbeitnehmer den Tankfüllstand im Blick haben. Die Frau hätte auch am Abend zuvor in ihrer Freizeit oder in ihrer Mittagspause tanken können. Allenfalls in absoluten Ausnahmefall könne Versicherungsschutz bestehen, etwa wenn der Arbeitgeber plötzlich den Beschäftigten von der Spät- zur Frühschicht bestellt und dann nicht ausreichend Benzin im Tank ist.
Doch das BSG urteilte hier strenger und rückte damit auch von solchen früheren Ausnahmen ab. Das Tanken des eigenen Pkws sei generell eine privatwirtschaftliche Tätigkeit, für die der Unfallversicherungsträger keinen Unfallschutz gewähren müsse. Das Tanken habe hier nicht in Zusammenhang mit der Arbeitstätigkeit gestanden, sondern diente allein dem Betrieb des Autos.
Zwar könnten auch für die Arbeit notwendige Vorbereitungshandlungen versichert sein. Das Tanken gehöre hierzu aber nicht. Auch stelle das Tanken keine nur geringfügige Unterbrechung des Arbeitsweges dar, bei der ebenfalls Unfallschutz bestehen könne. Denn es könne nicht im „Vorbeigehen“ erledigt werden, betonte das BSG. Die Handlungstendenz, zur Arbeit zu fahren, werde mit dem Tanken unterbrochen.
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