Hartz-IV-Bezieher bekommen vom Jobcenter für die Teilnahme an Demonstrationen kein extra Geld. Auch wenn Arbeitslosengeld-II-Empfänger in vertretbarem Umfang am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft teilnehmen sollen, muss das Jobcenter noch nicht die Kosten für die Teilnahme an Demonstrationen übernehmen, entschied das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen in Essen in einem am Freitag, 12.07.2013, veröffentlichten Urteil (AZ: L 12 AS 214/12).
Im entschiedenen Rechtsstreit hatte ein Hartz-IV-Empfänger aus Gelsenkirchen am 06.01.2011 bei seinem Jobcenter einen Hartz-IV-Zuschlag beantragt. Die Behörde solle ihm eine „generelle Kostenübernahme“ für die Teilnahme an Demonstrationen gewähren. Insbesondere Kundgebungen gegen Krieg und Atomstrom wolle er besuchen, so der Arbeitslose.
Der viel zu geringe Hartz-IV-Satz erlaube ihm nur, an Protesten und Demonstrationen in Gelsenkirchen teilzunehmen. Für großräumige Kundgebungen in der weiteren Umgebung fehle ihm jedoch das Geld. So habe er am 26.11.2010 eine Veranstaltung in Berlin besuchen wollen, die er aus Geldmangel aber abgesagt habe. Letztlich führe der geringe Hartz-IV-Satz dazu, dass er in seinen Grundrechten, insbesondere seiner Versammlungsfreiheit, verletzt werde.
Das Jobcenter lehnte die generelle Kostenübernahme ab. Der Arbeitslose müsse die Kosten für die Teilnahme an Demonstrationen aus seinem Hartz-IV-Satz bezahlen und gegebenenfalls bei anderen Bedarfen sparen. Zwar sei im Eckregelsatz kein Posten für die Teilnahme an Demonstrationen vorgesehen. Der Bedarf für die Teilnahme an solchen Veranstaltungen werde jedoch über die Positionen „Freizeit, Kultur, Unterhaltung“ und „Verkehr, ÖPNV/Fahrräder“ gedeckt.
Die Essener Richter bestätigten in ihrem Urteil vom 29.05.2013 im Ergebnis die ablehnende Entscheidung der Behörde. Die gesetzlichen Bestimmungen würden eine Kostenübernahme für eine Demo-Teilnahme nicht vorsehen. Auch aus den Grundrechten ergebe sich kein Anspruch auf Kostenübernahme. Ein Nicht-Hartz-IV-Bezieher mit geringem Einkommen müsse sich ebenso überlegen, „ob er Kosten aufwendet, um an Demonstrationen teilzunehmen“, so das LSG.
Auch wenn das Bundesverfassungsgericht in mehreren Entscheidungen betont hat, dass Hartz-IV-Bezieher ein „soziokulturelles Existenzminimum“ zusteht, sei damit noch nicht die Kostenübernahme für die Teilnahme an Demonstrationen umfasst. Schließlich liege auch kein atypischer Sonderbedarf vor, bei dem das Jobcenter zu zusätzlichen Zahlungen verpflichtet sein könnte. Denn jeder Bürger habe das Recht, an Demonstrationen teilzunehmen.
Das LSG hat die Revision zum Bundessozialgericht (BSG) in Kassel nicht zugelassen. Dagegen hat der Hartz-IV-Bezieher Beschwerde eingelegt (AZ: B 4 AS 199/13 B).
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