Die Kündigung eines katholischen Chefarztes wegen seiner Wiederheirat war voraussichtlich rechtswidrig. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) am Dienstag, 11.09.2018, in Luxemburg entschieden (AZ: C-68/17). Danach spricht es deutlich für eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung, wenn ein Krankenhaus auf vergleichbaren Posten auch Nicht-Katholiken beschäftigt und bei diesen eine Wiederheirat duldet.
Der Chefarzt war Leiter der Abteilung „Innere Medizin“ eines katholischen Krankenhauses in Düsseldorf. Er war selbst Mitglied der katholischen Kirche und nach seinem Arbeitsvertrag verpflichtet, die Grundsätze der katholischen Glaubens- und Sittenlehre einzuhalten.
Als der katholische verheiratete Chefarzt sich Ende 2005 von seiner Ehefrau trennte und kurze Zeit später mit seiner neuen Partnerin zusammenzog, hatte die katholische Klinik dies noch geduldet. Als das Paar jedoch 2008 standesamtlich heiratete, folgte die Kündigung. Hintergrund ist der nach katholischem Verständnis unauflösliche Charakter der Ehe. Mit seiner Wiederheirat habe der Arzt gegen die auch in seinem Arbeitsvertrag verankerten kirchlichen Grundsätze verstoßen.
Hiergegen klagte der Chefarzt und machte einen Gleichheitsverstoß geltend. Denn das katholische Krankenhaus habe bei evangelischen oder konfessionslosen Chefärzten eine Scheidung und eine anschließende Wiederheirat hingenommen.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt war dem zunächst 2011 gefolgt (Urteil vom 08.09.2011, AZ: 2 AZR 543/10). Das Bundesverfassungsgericht hatte dieses Urteil jedoch 2014 aufgehoben; die katholische Kirche habe das Recht, ihre eigenen Mitglieder schärfer zu sanktionieren als Nichtmitglieder (Beschluss vom 22.10.2014, AZ: 2 BvR 661/12).
Im zweiten Durchlauf legte das BAG dem EuGH die Frage vor, ob die Ungleichbehandlung in der Klinik gegen das EU-rechtliche Gleichheitsgebot verstößt (Beschluss vom 28.07.2016, AZ: 2 AZR 746/14 (A)).
Nach dem Luxemburger Urteil ist dies möglich, abschließend soll jedoch das BAG entscheiden. Der EuGH betonte jedoch, dass kirchliche Arbeitgeber die Einhaltung kirchlicher Glaubensgrundsätze nur dann verlangen dürfen, wenn dies für die konkrete Tätigkeit „wesentlich und gerechtfertigt“ ist. An beidem bestünden hier erhebliche Zweifel.
Konkret gehe es hier um den kirchlichen Grundsatz der unauflöslichen Ehe. Es scheine schon fraglich, ob gerade dieser Grundsatz bei der Beratung und Behandlung der Patienten eine Rolle spiele, die seine Einhaltung notwendig machen, argumentierte der EuGH.
Dies werde hier durch den Umstand bestärkt, dass die Klinik vergleichbare Posten an Ärzte vergeben hat, die nicht katholisch sind und an die entsprechende Loyalitätsanforderungen auch nicht gestellt wurden. Denn eine Ungleichbehandlung in Führungspositionen sei nur dann zulässig, wenn die Tätigkeiten sich so unterscheiden, dass dies eine Differenzierung rechtfertigt.
Abschließend soll nach diesen Maßgaben nun das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt entscheiden. Wenn es die Kündigung für unwirksam erklären sollte, könnte das Krankenhaus erneut das Bundesverfassungsgericht anrufen. Dies käme dann in eine schwierige Situation und müsste entscheiden, ob es mit Blick auf seinen Beschluss aus 2014 in einen Konflikt mit dem EuGH geht. Dies haben die Karlsruher Richter bislang in sämtlichen Streitfragen vermieden. Grundsätzlich hat auch das Bundesverfassungsgericht den Vorrang des EU-Rechts anerkannt, solange dies nicht in den Kernbereich der Grundrechte eingreift.
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