Wenn der Körper streikt und Arbeitnehmer krank zu Hause bleiben, können sie nicht gleichzeitig ihrem Betrieb den Streik erklären. Der Arbeitgeber muss daher Lohnfortzahlung zahlen – auch dann, wenn die Gewerkschaft gleichzeitig oder nach Beginn der Krankheit zu einem Streik aufruft, heißt es in einem aktuell veröffentlichten Urteil das Arbeitsgericht Hamburg vom 16.10.2013 (AZ: 27 Ca 184/13).
Auch während eines bewilligten Urlaubs dürfe der Arbeitgeber nur dann von einer Streikteilnahme ausgehen, wenn sich der Arbeitnehmer aktiv am Streik beteiligt oder seine Teilnahme ausdrücklich erklärt. Diese Rechtsprechung gilt jedenfalls dann, wenn Krankheit oder Urlaub gleichzeitig oder schon vor dem Streik begonnen haben.
Im konkreten Fall geht es um ein Unternehmen in Hamburg, das Verpackungen herstellt. 2012 und 2013 hatte die Gewerkschaft mehrfach zu Streiks aufgerufen, an denen sich die 200-köpfige Belegschaft etwa zur Hälfte beteiligte. Zuletzt verfolgte die Gewerkschaft die Strategie sogenannter Wellenstreiks von jeweils nur einem Tag.
Die Klägerin hatte an allen Streiks teilgenommen. Mehrfach war sie aber auch krank gewesen, mehrere Streiktage fielen zudem in einen bewilligten Urlaub. Der Arbeitgeber meinte, die Arbeitnehmerin hätte bestimmt auch an diesen Tagen gestreikt. Schließlich sei sie sonst eine aktive Streikteilnehmerin gewesen. Daher verweigerte das Unternehmen die Lohnfortzahlung für die Krankheitstage und das Urlaubsentgelt für die Urlaubstage, für die die Gewerkschaft den Streik ausgerufen hatte.
Die Arbeitnehmerin klagte, das Arbeitsgericht Hamburg gab ihr nun Recht. Das Grundrecht auf Streik umfasse das Recht jedes Arbeitnehmers, sich für oder gegen die Teilnahme zu entscheiden. Wenn ein Streik beendet sei, gelte dies für jeden neu ausgerufenen Streik immer wieder neu. Daher dürfe der Arbeitgeber nicht aus dem früheren auf ein künftiges Streikverhalten schließen.
Seine Teilnahme an jedem Streik müsse ein Arbeitnehmer klar erklären, betonten die Hamburger Richter. Das könne ausdrücklich geschehen oder aber „konkludent“ durch eine aktive Teilnahme am Streikgeschehen. Dies lasse sich nicht durch Mutmaßungen ersetzen.
Hier habe die Arbeitnehmerin an ihren Krankheitstagen oder während ihres laufenden Urlaubs nie den Streik erklärt. Auch habe sie sich nicht aktiv daran beteiligt. Daher müsse ihr der Arbeitgeber 391,00 € Lohnfortzahlung und 228,00 € Urlaubsentgelt nachzahlen, urteilte das Arbeitsgericht. Es stützte sich dabei auf ein Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 01.10.2010 (AZ: 1 AZR 147/91), dem ein vergleichbarer Sachverhalt zugrunde lag.
Anders könnte es nach dieser Rechtsprechung aussehen, wenn Arbeitnehmer während eines laufenden Streiks krank werden oder in den Urlaub aufbrechen. Um sicherzugehen, sollten sie dann ihrem Arbeitgeber mitteilen, dass sie nicht mehr an dem Streik teilnehmen.
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