Rechtsanwalt Thorsten Blaufelder

Kanzlei Blaufelder
71638, Ludwigsburg
19.03.2015

Haustarif eines Betriebserwerbers nicht automatisch anwendbar

© GaToR-GFX - Fotolia.comVerweist der Arbeitsvertrag eines nicht gewerkschaftlich organisierten Arbeitnehmers fest auf einen bestimmten Tarif, so bleibt dies auch nach einem Betriebsübergang wirksam. Der Erwerber kann dann nicht einfach den eigenen Haustarifvertrag anwenden, wie das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg in Berlin in einem am Mittwoch, 18.03.2015, bekanntgegebenen Urteil entschied (AZ: 24 Sa 1126/14). Es setzte sich damit in ein Spannungsverhältnis zur Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in Luxemburg.

Der Kläger war als Krankenpfleger zunächst beim Land Brandenburg angestellt. Er gehört keiner Gewerkschaft an. In seinem Arbeitsvertrag war eine Vergütung nach dem früheren Bundesangestelltentarif (BAT) Ost und seinen Nachfolgetarifen in der jeweils gültigen Fassung vereinbart.

2006 wurde seine Klinik privatisiert und der Arbeitsplatz ging auf eine private Krankenhausbetreiberin über. Diese schloss 2013 mit der Gewerkschaft Verdi einen Haustarifvertrag ab und wandte diesen auch auf den Kläger an. In der Folgezeit für den öffentlichen Dienst vereinbarte Gehaltserhöhungen zahlte die Klinik nicht mehr.

Ein sogenannter dynamischer Verweis auf Tarife in der jeweils gültigen Fassung ist in Arbeitsverträgen üblich. 2013 hatte allerdings der EuGH entschieden, dass bei einem Betriebsübergang in solchen Fällen auch die Interessen des Erwerbers zu berücksichtigen sind; in der Regel sei dieser daher an nach dem Erwerb erfolgte Tarifänderungen nicht mehr gebunden (Urteil vom 08.07.2013, AZ: C-426/11).

Im Streitfall gab das LAG nun dennoch dem Krankenpfleger recht. Er sei nicht Mitglied bei Verdi, der mit Verdi vereinbarte Haustarif sei daher nicht anwendbar. Somit gelte weiterhin der Verweis im Arbeitsvertrag.

Dass dem Krankenpfleger danach auch die jüngsten Gehaltserhöhungen zustehen, verstoße nicht gegen EU-Recht und auch nicht gegen das EuGH-Urteil aus 2013. Dies sei zur Rechtslage in Großbritannien ergangen. In Deutschland hätten Arbeitgeber nach einem Betriebserwerb aber die Möglichkeit, ihren Haustarif durch Änderungskündigungen durchzusetzen. Damit blieben die Interessen des Erwerbers ausreichend gewahrt.

„Ein anderes Verständnis der Entscheidung des EuGH ist aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht möglich“, betonten die Berliner Richter. Gegen ihr erst jetzt bekanntgegebenes Urteil vom 03.12.2014 ließen sie aber die Revision zum Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt zu. Dies könnte den Streit gegebenenfalls auch dem EuGH vorlegen.

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