Rechtsanwalt Thorsten Blaufelder

Kanzlei Blaufelder
71638, Ludwigsburg
25.05.2012

Hartz-IV-Empfänger muss Münzsammlung verkaufen

Hartz-IV-Empfänger dürfen eine wertvolle Münz- oder Briefmarkensammlung nicht behalten. Ehe sie Geld vom Staat bekommen, ist ein Verkauf in der Regel zumutbar, urteilte am Mittwoch, 23.05.2012, das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel (AZ: B 14 AS 100/11). Danach ist die Sammlung auch nicht als Hobby oder Liebhaberei geschützt.

Der heute 52-jährige Kläger ist gelernter Bauingenieur. Inzwischen arbeitet er als Lagerarbeiter. Vorübergehend war er aber arbeitslos und hatte daher für die Zeit von August 2005 bis Februar 2006 Hartz IV beantragt. Als ehrlicher Mensch gab er dabei als Vermögenswert eine Sammlung mit zunächst 240 und zuletzt noch 180 Münzen an. Es handelte sich vorwiegend um Taler, der älteste datiert um das Jahr 1520. Die Anschaffungskosten bezifferte der Mann mit 27.400,00 €. Ein Gutachter schätzte den Wert der Sammlung auf 21.432,00 €.

Nach Ansicht des Jobcenters Region Hannover war er daher nicht hilfebedürftig. Hartz-IV-Leistungen gewährte die Behörde nur darlehensweise. Die Sammlung könne er verkaufen. Abzüglich seiner Vermögensfreibeträge von 9.750,00 € seien 12.580,00 € als verwertbares Vermögen anzusehen. Dies sei erst einmal genug zum Leben.

Einen solchen Verkauf lehnte der Mann aber ab und verlangte, dass das Jobcenter Hartz-IV-Leistungen als Zuschuss gewährt. Die Sammlung werde er wohl nur mit einem Abschlag zwischen 35 und 40 Prozent gegenüber ihrem tatsächlichen Wert los. Dies sei offensichtlich unwirtschaftlich und daher unzumutbar. Zudem gehe es hier nicht um eine Geldanlage, sondern um reine Liebhaberei.

Hintergrund ist eine gesetzliche Klausel, wonach Arbeitslose Vermögenswerte nicht verkaufen müssen, wenn dies „offensichtlich unwirtschaftlich“ ist. So müssen Arbeitslose nach bisheriger BSG-Rechtsprechung beispielsweise eine Lebensversicherung nicht auflösen, wenn ihr Rückkaufwert sehr deutlich unter den bisherigen Einzahlungen liegt.

Letztendlich aber habe der Gesetzgeber nur „einen wirtschaftlichen Ausverkauf verhindern“ wollen, betonte das BSG nun in seinem neuen Urteil. Einen Schutz für teure Hobbys gebe es nicht. Wo die Grenze zur Unwirtschaftlichkeit liegt, sei jeweils im Einzelfall zu entscheiden. Bei frei verkäuflichen Vermögenswerten, deren Preise stark schwanken können, liege die Schwelle deutlich niedriger als bei einer Lebensversicherung. Der Verkauf der Münzsammlung sei daher zumutbar gewesen.

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