Sind Arbeitnehmer einem besonders hohen Infektionsrisiko mit HIV ausgesetzt, kann bei einer Ansteckung und zuvor festgestellten Grippe-Symptomen eine Berufskrankheit vorliegen. Ein Verweis, dass der Arbeitnehmer sich die Infektion im Privatleben zugezogen haben könnte, ist in solch einem Fall nicht stichhaltig, entschied das Bayerische Landessozialgericht (LSG) in München in einem am Mittwoch, 22.01.2014, veröffentlichten Urteil (AZ: L 3 U 262/12).
Damit hat das LSG die HIV-Infektion einer ehemaligen Kinderkrankenschwester als Berufskrankheit anerkannt. Die Frau hatte im Sommer 1982 mehrere Wochen als Praktikantin in einer Münchener Privat-Klinik gearbeitet. Dabei verletzte sie sich mehrfach an Kanülen und Skalpellen. Kurz darauf musste sie wegen grippeähnlicher Symptome wie Durchfall, Fieber und Übelkeit für zwei Wochen das Bett hüten.
Als die Frau nach fünf Jahren mittlerweile als Kinderkrankenschwester arbeitete, wurde bei einer Laboruntersuchung eine HIV-Infektion festgestellt. Ihren Beruf konnte die Kinderkrankenschwester nicht mehr ausüben.
Die Berufsgenossenschaft lehnte die Anerkennung als Berufskrankheit ab. Offenbar habe sich die Frau in ihrem Privatleben angesteckt.
Doch die Münchener Richter hielten dies in ihrem Urteil vom 13.08.2013 nicht für sehr wahrscheinlich. Die Klägerin sei vielmehr während ihres Praktikums einem besonderen Infektionsrisiko ausgesetzt gewesen. So habe es 1982 noch keine angemessenen Verhaltensregeln für Nadelstichverletzungen in einer Klinik gegeben.
Die geschilderten grippeähnlichen Symptome nach der Verletzung im Krankenhaus wiesen ebenfalls auf eine HIV-Infektion hin. Die Symptome entsprächen einem HIV-Infektionsverlauf. Schließlich zähle die Klägerin auch nicht zu den typischen HIV-Risikogruppen. Damit müsse von einer Berufskrankheit ausgegangen werden.
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