Angestellte behinderte Lehrer können Anspruch auf Gleichstellung mit einem Schwerbehinderten haben, wenn sie dadurch in das Beamtenverhältnis übernommen werden. Der Anspruch kann auch trotz eines vorhandenen, ungefährdeten Arbeitsplatzes bestehen, entschied das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen in Essen in einem am Dienstag, 06.01.2015, veröffentlichten Urteil (AZ: L 9 AL 24/13).
Die Essener Richter gaben damit einem angestellten behinderten Lehrer recht, der wegen des Überschreitens der Altersgrenze von 40 Jahren eigentlich nicht mehr verbeamtet werden konnte. Für Schwerbehinderte beträgt die Altersgrenze in Nordrhein-Westfalen dagegen ausnahmsweise 43 Jahre.
Der Lehrer, dem wegen diverser Rückenerkrankungen ein Grad der Behinderung (GdB) von 40 zuerkannt wurde, beantragte bei der Bundesagentur für Arbeit (BA) daher die Gleichstellung mit einem Schwerbehinderten. So würde für ihn die günstigere Altersgrenze von 43 Jahren gelten, so dass er noch verbeamtet werden könnte.
Nach den gesetzlichen Bestimmungen ist eine Gleichstellung mit einem Schwerbehinderten ab einem GdB von 30 möglich. Weitere Voraussetzung ist zudem, dass der behinderte Mensch ohne die Gleichstellung keinen geeigneten Arbeitsplatz erhalten oder einen bestehenden nicht behalten kann.
Im konkreten Fall lehnte die BA den Gleichstellungsantrag jedoch ab. Der Arbeitsplatz des Klägers sei wegen seiner Behinderung nicht gefährdet. Dies habe der Arbeitgeber auch bestätigt. Befürchtungen, dass künftig vermehrt behinderungsbedingte Fehlzeiten auftreten könnten, begründeten ebenso wenig eine Gleichstellung, wie das Ziel einer Verbeamtung der bestehenden Stelle.
„Die Gleichstellung solle dem Schutz der Behinderten dienen und Unbilligkeiten und Härten am Arbeitsplatz ausgleichen; sie dürfe aber keine Vorteile gegenüber Nichtbehinderten verschaffen“, so die BA. Die Gleichstellung und die damit verbundene Erhöhung der Altersgrenze für eine Verbeamtung stelle aber einen Vorteil gegenüber Nichtbehinderten dar.
Das LSG gab dem Kläger in seinem Urteil vom 30.10.2014 recht. Der behinderte Kläger könne ohne die Gleichstellung nicht den für ihn geeigneten Arbeitsplatz eines Lehrers im Beamtenverhältnis auf Probe erlangen . Die Beschäftigung im Angestelltenverhältnis sei eine andere, als die im Beamtenverhältnis.
Die Essener Richter verwiesen dabei auch auf eine Entscheidung des Hessischen LSG vom 19.06.2013 (AZ: L 6 AL 116/12). Danach haben nicht nur arbeitslose behinderte Menschen ein Recht auf Gleichstellung zur Erlangung eines Arbeitsplatzes, „sondern auch behinderte Menschen, die sich beruflich verändern wollen“.
Im konkreten Fall könne der Kläger die Verbeamtung nur erreichen, indem er mit einem Schwerbehinderten gleichgestellt wird, so dass für ihn die höhere Altersgrenze von 43 Jahren gilt. Dies sei auch keine „Vorteilsverschaffung“ gegenüber nichtbehinderten Kollegen, die in seinem Alter nicht mehr verbeamtet werden können.
Die pauschale Anhebung der Altersgrenze sei vielmehr eine „Kompensation von behinderungsbedingten Nachteilen“. Damit verschaffe die gewünschte Gleichstellung dem behinderten Kläger letztlich nur „gleiche Wettbewerbsbedingungen, nicht aber einen ‚Vorteil‘ gegenüber Nichtbehinderten“, so das Essener LSG.
Bildnachweis: © Harald07 – Fotolia.com
Haben Sie schon mal etwas von “Mediation” gehört? Nein? Dieses kurze Video stellt den Ablauf einer Mediation sowie die Rolle des Mediators anschaulich und leicht verständlich vor und räumt mit häufigen Missverständnissen auf: