Gesetzlich Krankenversicherte und ihre Ärzte können sich nicht aussuchen, von welchem Hersteller sie einen bestimmten Arzneiwirkstoff haben wollen. Denn die Apotheken müssen sich zwingend an die sogenannten Rabattverträge halten, die die Krankenkassen mit einzelnen Herstellern geschlossen haben, wie das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel in zwei am Mittwoch, 03.07.2013, bekanntgegebenen Urteilen vom Vortag entschied (AZ: B 1 KR 49/12 R und B 1 KR 5/13 R). Beachtet die Apotheke den Rabattvertrag nicht, muss die Krankenkasse danach für das abgegebene Medikament keinen einzigen Cent bezahlen.
Die Rabattverträge wurden seit 2007 für verschiedenste Arzneiwirkstoffe und inzwischen auch für Wirkstoffgruppen mit gleichem Therapieziel eingeführt. Danach gewähren die Hersteller quasi einen Mengenrabatt, wenn eine Krankenkasse verspricht, ihre Versicherten ausschließlich mit dem Arzneimittel des Vertragsherstellers zu versorgen. Die Ärzte verordnen in diesen Fällen nur noch den Wirkstoff. Die Apotheke soll dann das Arzneimittel abgeben, mit dem die Krankenkasse des Patienten einen Rabattvertrag abgeschlossen hat.
Genau dies hatten in den vom BSG entschiedenen Fällen zwei Apotheker in Schleswig-Holstein nicht getan. Stattdessen hatten sie teurere Arzneimittel abgegeben. Von der Krankenkasse verlangten sie nun zumindest eine Vergütung in Höhe des Rabattpreises. Weil sie diesen Preis auch dem Hersteller des Rabatt-Arzneimittels hätten zahlen müssen, entstehe den Kassen dann kein Schaden.
Das BSG folgte dem nicht und erlaubte den Krankenkassen eine „Retaxierung auf Null“. Dies bedeutet, dass die Kassen keinen Cent zahlen müssen, wenn sich Apotheker über die Rabattverträge hinwegsetzen. Laut Gesetz seien Apotheken „zwingend“ an die Rabattverträge gebunden.
Laut Gesetz hätten die Versicherten ausschließlich Anspruch auf das Rabattarzneimittel, so das BSG zur Begründung. Die Apotheke könne diesen Anspruch daher auch nur erfüllen, wenn sie genau dieses Medikament abgebe. Ein Vergütungsanspruch bestehe dagegen nicht, wenn die Apotheke Arzneimittel abgibt, „auf die der Versicherte von vornherein keinen Anspruch hatte“.
Hintergrund ist das hohe Sparpotenzial durch die Rabattverträge. Die Krankenkassen beziffern es mit derzeit über einer Milliarde Euro pro Jahr. Dagegen hatten zuvor 2004 eingeführte freiwillige Rabattmöglichkeiten praktisch keinen Sparerfolg. Nach den hinter dem Gesetz stehenden wirtschaftlichen Überlegungen könnte auch der Sparerfolg der Rabattverträge leiden, wenn die damit verbundene faktische Absatzgarantie nicht strikt beachtet wird.
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