BAG: Anspruch auch bei arbeitnehmerähnlicher Beschäftigung
Es ist nur ein erster Schritt für mehr Lohntransparenz zwischen den Geschlechtern, aber ein großer Schritt für die freie ZDF-Redakteurin Birte Meier. Wie das Bundesarbeitsgericht (BAG) am Donnerstag, 25.06.2020, im Rechtsstreit zwischen Meier und dem ZDF urteilte, haben auch arbeitnehmerähnliche freie Beschäftigte nach dem Entgelttransparenzgesetz grundsätzlich einen Auskunftsanspruch über die Vergütung vergleichbarer männlicher Kollegen (AZ: 8 AZR 145/19).
Der Gesetzgeber wollte mit dem zum 06.07.2017 in Kraft getretenen Gesetz Lohntransparenz in Betrieben mit mehr als 200 Beschäftigten fördern. Hierfür wird Beschäftigten ein individueller Auskunftsanspruch über den Lohn vergleichbarer Kollegen des anderen Geschlechts zugestanden. Auf diese Weise sollen insbesondere Frauen den Grundsatz „gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ leichter durchsetzen können.
Für den Auskunftsanspruch müssen sie mindestens sechs vergleichbare männliche Kollegen benennen. Der Arbeitgeber muss bei seiner Auskunft den sogenannten Median mitteilen, also das Gehalt des Kollegen, der bei einer Rangliste nach Einkommen genau in der Mitte liegt.
Die klagende freie Redakteurin führte an, dass ihre männlichen Kollegen viel mehr verdienten als sie. Sie vermutete, dass sie wegen ihres Geschlechts geringer entlohnt wird. Vom ZDF verlangte sie daher Auskunft über die Vergütung ihrer vergleichbaren Kollegen. Im Fall einer nicht gerechtfertigten ungleichen Vergütung könnte sie eine höhere Entlohnung geltend machen. In einem weiteren Verfahren wäre bei einer Diskriminierung wegen des Geschlechts nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz auch eine Entschädigung möglich.
Das ZDF lehnte die Auskunft ab
Dem folgend urteilte das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg am 05.02.2019, dass Meier sich als freie Mitarbeiterin nicht auf das Entgelttransparenzgesetz berufen könne (AZ: 16 Sa 983/18). Das Gesetz ziele auf „Beschäftigte“, gemeint seien damit aber Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Beamte, Soldaten und Richter. Ein Auskunftsanspruch hinsichtlich der Lohnhöhe ihrer männlichen Kollegen habe sie „mangels gesetzlicher Grundlage“ daher nicht.
Dieser Argumentation folgte das BAG jedoch nicht. Zwar greife der Auskunftsanspruch nach deutschem Recht insbesondere für Arbeitnehmer und Beamte. Allerdings setze das Entgelttransparenzgesetz eine EU-Gleichstellungsrichtlinie aus 2006 um. Der Begriff „Arbeitnehmer“ müsse daher EU-konform weit gefasst werden. Danach bestehe ein Auskunftsanspruch auch für arbeitnehmerähnliche Beschäftigte wie „feste Freie“ im öffentlich-rechtlichen Rundfunk.
Den Streitfall verwies das BAG an das LAG zurück, welches nun die weiteren Voraussetzungen des Auskunftsanspruchs prüfen muss.
Offen bleibt, inwieweit eine Vergütung deutlich unter dem mitgeteilten Median der männlichen Kollegen als Indiz für eine Diskriminierung ausreicht. Dies ist höchstrichterlich bislang nicht geklärt.
Dennoch wertete der Journalistinnenbund das Urteil als „einen wichtigen Schritt, um den gesetzlich garantierten Grundsatz ‚gleicher Lohn für gleiche Arbeit‘ zu verwirklichen“.
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