Rechtsanwalt Thorsten Blaufelder

Kanzlei Blaufelder
71638, Ludwigsburg
28.12.2011

Einer Dauer-Krankheit folgt nicht unbedingt ein Dauer-Urlaub

Einer Dauer-Krankheit muss nicht unbedingt ein Dauer-Urlaub bzw. ein übergroßer Geldsegen folgen. Denn Urlaubsansprüche können bei durchgehender Krankheit gemäß einer Tarifvertragsregelung spätestens 15 Monate nach Ablauf des jeweiligen Urlaubsjahres untergehen, wie die 10. Kammer des Landesarbeitsgerichts (LAG) Baden-Württemberg in Freiburg mit einem am Mittwoch, 28.12.2011, bekanntgegebenen Urteil entschied (AZ: 10 Sa 19/11). Es setzte damit ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in deutsches Recht um.

Nach dem deutschen Bundesurlaubsgesetz geht der Urlaubsanspruch eines jeden Jahres spätestens Ende März des Folgejahres unter. Mit Urteil vom 20.01.2009 (AZ: C-350/06) hatte jedoch der EuGH entschieden, dass dies nicht mit EU-Recht vereinbar ist, wenn Arbeitnehmer ihren Urlaub krankheitsbedingt nicht nehmen konnten.

Arbeitgeber hatten danach befürchtet, kranke Arbeitnehmer könnten nun ihren Urlaubsanspruch über Jahre ansammeln und sich bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegebenenfalls auch in Geld ausbezahlen lassen.

Am 22.11.2011 billigte der EuGH (AZ: C-214/10) aber eine deutsche Tarifregelung, wonach der Urlaubsanspruch jeweils 15 Monate nach Ende eines Jahres verfällt. Diese Frist ist ein Jahr länger als die des Bundesurlaubsgesetzes. Der EuGH hielt sie für ausreichend, weil der Erholungszweck des Urlaubs nicht nach Jahren beliebig nachholbar sei.

Als vermutlich erstes deutsches Gericht hat nun das LAG Baden-Württemberg diese Verfallsfrist übernommen. „Urlaubsansprüche gehen bei durchgehender Arbeitsunfähigkeit spätestens 15 Monate nach Ende des Urlaubsjahres unter und sind bei einer späteren Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht abzugelten“, erklärten die Freiburger Richter.

Sie wiesen damit die Klage eines Arbeitnehmers ab, der nach vierjähriger Krankheit Ende November 2010 aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden war. Von seinem Arbeitnehmer hatte er die finanzielle Abgeltung seiner nicht genutzten Urlaubsansprüche zurück bis 2007 verlangt. Nach dem Freiburger Urteil bekommt er Geld aber nur für den Urlaubsanspruch aus 2009 und 2010.

Zur Begründung seines am 21.12.2011 verkündeten Urteils erklärte das LAG, eine vom deutschen Recht abweichende Anpassung an das EU-Recht sei nur in dem Umfang zulässig und gerechtfertigt, wie es das EU-Recht auch verlangt. Den Verfall alter Urlaubsansprüche nach 15 Monaten habe der EuGH aber gebilligt.

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