Rechtsanwalt Thorsten Blaufelder

Kanzlei Blaufelder
71638, Ludwigsburg
06.02.2015

Ein bisschen Busengrapschen führt nicht gleich zur Kündigung?!?

Ein einmaliger Busengrapscher am Arbeitsplatz begründet nicht automatisch eine fristlose Kündigung. Auch wenn sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz grundsätzlich eine außerordentliche Kündigung eines Arbeitnehmers rechtfertigen kann, müssen immer auch Umfang und Intensität des Übergriffs berücksichtigt werden, entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt in einem aktuell veröffentlichten Urteil vom 20.11.2014 (AZ: 2 AZR 651/13).

Die Erfurter Richter erklärten damit die fristlose Kündigung eines Kfz-Mechanikers für unwirksam. Der Mann hatte am 27.07.2012 die Sozialräume in seinem Betrieb betreten. Dort befand sich auch eine Reinigungsfrau eines externen Unternehmens. Im folgenden Gespräch sagte der Angestellte der Frau, dass sie einen schönen Busen habe. Dabei berührte er sie an einer Brust.

Nachdem die Frau bestimmt erklärte, dass sie dies nicht wünsche, ließ der Kfz-Mechaniker sofort von ihr ab. Als sie den Vorfall ihrem Arbeitgeber schilderte, informierte dieser den Chef des Klägers.

Im Personalgespräch gestand der Mann den Vorfall und erklärte, dass er sich eine Sekunde lang vergessen habe. Ihm tue „die Sache“ furchtbar leid. Er schäme sich und es werde nicht wieder vorkommen.

Der Arbeitgeber kündigte dem Mann wegen des sexuellen Übergriffs dennoch fristlos. In der Folge richtete der Mann noch ein Entschuldigungsschreiben an die Frau und zahlte ihr ein Schmerzensgeld. Damit sei für sie die Angelegenheit erledigt, erklärte die Reinigungskraft.

Im Kündigungsschutzverfahren trug der Kläger vor, er habe geglaubt, die Frau flirte mit ihm. Es sei dann zu dem „Blackout“ gekommen. Die fristlose Kündigung sei aber überzogen. Eine Abmahnung hätte ausgereicht.

Das BAG urteilte, dass sexuelle Belästigungen am Arbeitsplatz grundsätzlich ein „wichtiger Grund“ für eine fristlose Kündigung sein können. Der Kläger habe hier auch seine arbeitsvertraglichen Pflichten „in erheblicher Weise“ verletzt, indem er die Frau verbal und körperlich sexuell belästigt hat. Ob die sexuelle Belästigung im Einzelfall die außerordentliche Kündigung rechtfertigt, hänge aber immer auch von den konkreten Umständen wie ihrem Umfang und ihrer Intensität ab, betonten die Erfurter Richter.

Die Aussage, die Frau habe einen „schönen Busen“ sei hier als unangemessene Bemerkung sexuellen Inhalts zu werten. Die anschließende Berührung sei zudem ein „sexuell bestimmter Eingriff in die körperliche Intimsphäre“ und „objektiv unerwünscht“ gewesen.

Unter Berücksichtigung der Gesamtumstände, insbesondere auch die Intensität des Übergriffs, hätte hier aber eine Abmahnung ausgereicht, befand der 2. BAG-Senat. Die außerordentliche Kündigung sei unverhältnismäßig und damit unwirksam. Es gebe keine Hinweise einer Wiederholungsgefahr. Es spreche auch nichts dafür, dass der Kläger „sich noch einmal irrtümlich einbilden könnte, ‚angeflirtet‘ zu werden“.

Er habe zudem sofort von der Frau abgelassen, nachdem sie ihren Unmut geäußert habe. Zu berücksichtigen seien auch das Entschuldigungsschreiben des Klägers und die Schmerzensgeldzahlung im Rahmen eines Täter-Opfer-Ausgleichs.

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