Wer seinem Chef mit der Presse droht, muss mit einer Kündigung rechnen. Das hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz in Mainz in einem am Dienstag, 15.07.2014, veröffentlichten Urteil entschieden (AZ: 5 Sa 60/14). Es bestätigte damit die Entlassung eines ehemaligen Assistenten der Geschäftsführung eines Kreisverbandes der Arbeiterwohlfahrt (AWO) in Rheinland-Pfalz.
Nach eigenem Bekunden hatte der Arbeitnehmer „Unregelmäßigkeiten“ entdeckt, die der Geschäftsführer des AWO-Kreisverbandes zu verantworten habe. In einem Gespräch informierte er drei andere Vorstandsmitglieder darüber. Weil er fürchtete, wegen seiner Vorwürfe entlassen zu werden, drohte er, er werde im Fall einer Kündigung die Unterlagen an das Finanzamt, die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin, die Staatsanwaltschaft, die Medien und einen örtlichen CDU-Politiker geben.
Auf Bitten der Vorstandsmitglieder gab der Geschäftsführungsassistent auch ihnen die Unterlagen. Diese konnten offenbar nichts allzu Brisantes darin entdecken. Ein weiteres Gespräch mit dem Mann sagten sie ab. Stattdessen erhielt der Arbeitnehmer eine ordentliche Kündigung.
Wie schon das Arbeitsgericht Koblenz hat nun auch das LAG Mainz die Kündigung bestätigt. Mit der Drohung, dem AWO-Kreisverband öffentlichen Schaden zuzufügen, habe der Geschäftsführungsassistent „das Vertrauen in seine Loyalität“ zerstört und das Arbeitsverhältnis „unerträglich belastet“. Nach Einschätzung des LAG hätte dies sogar eine fristlose Kündigung gerechtfertigt.
Unter Hinweis auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg ließ das LAG offen, ob der Geschäftsführungsassistent mit der Staatsanwaltschaft und dem Finanzamt drohen durfte. Nach Einschätzung der Mainzer Richter hätte dies jedenfalls ausgereicht, um eine eigene rechtliche Mitverantwortung an den angeblichen Unregelmäßigkeiten abzuwenden.
In dem vom EGMR entschiedenen Fall hatte eine Altenpflegerin verschiedene Missstände kritisiert und nach vergeblichen internen Klärungsversuchen Strafanzeige erstattet. Nach dem Straßburger Urteil durfte die Altenpflegerin deswegen nicht entlassen werden (Urteil vom 21.07.2011, AZ: 2827/08).
Nach einem Urteil des Landesarbeitsgerichts (LAG) Köln müssen Arbeitnehmer jedenfalls vor einer Beschwerde bei den zuständigen Behörden eine interne Klärung anstreben. In dem Kölner Fall hatte ein Ehepaar einer Haushälterin in der Probezeit ordentlich gekündigt. Die Haushälterin schwärzte daraufhin die Eltern beim örtlichen Jugendamt an, sie würden ihre zehnjährige Tochter vernachlässigen. Das Ehepaar kündigte daraufhin nochmals fristlos – zu Recht, wie das LAG Köln bestätigte (Urteil vom 05.07.2012, AZ: 5 Sa 71/12).
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