Arbeitnehmer müssen ihrem Chef nicht ihre Handynummer mitteilen. Der Arbeitgeber kann entsprechende Auskunft nicht verlangen, wie das Thüringer Landesarbeitsgericht (LAG) in einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 16.05.2018 entschied (AZ: 6 Sa 442/17). Ausnahmen sind danach nur dann denkbar, wenn wichtige Aufgaben des Arbeitnehmers anders nicht organisiert werden können.
Im konkreten Fall geht es um einen Sachbearbeiter für Hygiene und Infektionsschutz im Gesundheitsamt des Landkreises Greiz in Thüringen. Früher hatte der Landkreis in diesem Bereich eine Rufbereitschaft, damit in dringenden Fällen auch außerhalb der Dienstzeiten ein Mitarbeiter rasch zur Stelle ist, etwa bei Ausbruch bestimmter Krankheiten, Problemen mit dem Trinkwasser oder einer überhöhten mikrobiologischen Belastung des Wassers in den Schwimmbädern. Die Erreichbarkeit des Mitarbeiters in Rufbereitschaft wurde über ein Diensthandy sichergestellt.
Aus Gründen der Wirtschaftlichkeit beschränkte der Landkreis 2017 die Rufbereitschaften auf Wochenenden, Feier- und Brückentage. In den Abend- und Nachtstunden sollte dagegen ein zufällig ausgewählter Mitarbeiter privat kontaktiert werden. 2016 hatte es 40 Anfragen in der Zeit zwischen 19.00 und 7.00 Uhr gegeben.
Im Streitfall weigerte sich der Sachbearbeiter aber, hierfür seine private Handynummer herauszugeben. Der Landkreis erteilte deswegen eine Abmahnung. Mit seiner Klage verlangte der Sachbearbeiter die Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte.
Private Handynummer ist grundsätzlich tabu
Wie schon das Arbeitsgericht Gera gab dem nun auch das LAG Erfurt statt. Die Herausgabe der privaten Handynummer sei ein schwerer Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer. Es handele sich um persönliche Daten des Arbeitnehmers. Ohne dessen Zustimmung könne der Arbeitgeber deren Herausgabe auch nach Datenschutzrecht nur in seltenen Ausnahmefällen verlangen.
Hier habe der Sachbearbeiter seine Zustimmung nicht gegeben. Dies sei zur Planung der Personaleinsätze auch nicht erforderlich, so dass der Arbeitnehmer auch nicht zur Preisgabe seiner privaten Mobilfunknummer verpflichtet war, urteilte das LAG. „Der in der Herausgabe der Nummer liegende Eingriff in sein Persönlichkeitsrecht wiegt außerordentlich schwer und steht außer Verhältnis zu den ihn rechtfertigenden Gründen.“
Denn die Preisgabe der privaten Handynummer führe dazu, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer „jederzeit und an jedem Ort“ erreichen könne. Schon dies sei ein erheblicher Eingriff in die Persönlichkeitsrechte. Darauf, dass solche Anrufe hier nach Angaben des Landkreises nur selten seien, komme es daher nicht an. Denn allein die Möglichkeit bedeute, „dass der Kläger in seiner Freizeit grundsätzlich als Arbeitnehmer zur Verfügung steht“.
Der Landkreis verlange die Nummer ausdrücklich, um den Sachbearbeiter auch in seiner Freizeit erreichen zu können. Es sei aber allein Sache des Arbeitnehmers, wo er sich in seiner Freizeit aufhalte, für wen er in dieser Zeit erreichbar sein will, und für wen nicht. Dem Zugriff des Arbeitgebers könne er sich dann nur entziehen, wenn er das Mobiltelefon ganz abschaltet. Dann aber wäre er auch privat nicht erreichbar und könnte andere Dienste seines Smartphones nicht mehr nutzen.
Im Streitfall sei die Herausgabe der Mobilnummern auch nicht erforderlich, um Noteinsätze zu koordinieren, betonte das LAG weiter. Mit der Abschaffung der Rufbereitschaft habe der Landkreis bewusst „eine risikobehaftete Arbeitsorganisation“ gewählt. „Diese selbst geschaffene Situation erweitert nicht seine Eingriffsbefugnisse in die Persönlichkeitsrechte der Arbeitnehmer/innen“, heißt es in dem Urteil. Allein der Wunsch, Noteinsätze wirtschaftlicher zu organisieren, reiche zur Rechtfertigung nicht aus.
Ausnahmen sind nach dem Erfurter LAG-Urteil nur denkbar, wenn der Arbeitgeber ohne die private Mobilnummer Aufgaben des Arbeitnehmers „nicht, nicht vollständig oder nicht in rechtmäßiger Weise erfüllen kann und ihm eine andere Organisation der Aufgabenerfüllung nicht möglich oder nicht zumutbar ist“.
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