Betriebsräte dürfen eine im Unternehmen vertretene Gewerkschaft nicht mit Tricks ausbooten. Finden dann noch die Betriebsversammlungen nicht wie gesetzlich vorgegeben statt, ist der Betriebsrat aufzulösen, wie das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg in Stuttgart in einem am Donnerstag, 06.11.2014, veröffentlichten Beschluss entschied (AZ: 6 TaBV 5/13). Es gab damit der Gewerkschaft IG Metall im Streit mit Geschäftsführung und ehemaligem Betriebsrat des Hochdruckreiniger-Herstellers Kärcher recht.
Kärcher hat weltweit über 10.000 Mitarbeiter, davon 1.900 am Hauptsitz im schwäbischen Winnenden. Dort war ein 17-köpfiger Betriebsrat gewählt; nur zwei der Betriebsräte vertraten die IG Metall.
Die IG Metall hatte dem Betriebsrat vorgeworfen, keine ordentlichen Betriebsversammlungen durchzuführen. Laut Gesetz ist jedes Quartal eine Betriebsversammlung fällig; ersatzweise kann es teilweise Abteilungsversammlungen geben. Wenn trotzdem in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen keine Betriebsversammlung stattgefunden hat, kann jede im Betrieb vertretene Gewerkschaft dies verlangen.
Wie nun das LAG dem Betriebsrat bescheinigte, hatte er gegen beide Vorschriften „eklatant“ verstoßen. Die IG Metall habe am 23.10.2012 die Einberufung einer Betriebsversammlung verlangt. Zu der Versammlung am 23.11.2012 habe der Betriebsrat die IG Metall aber nicht eingeladen und unmittelbar danach eine für den 11.12.2012 angesetzte Betriebsversammlung abgesagt. „Auf diese Weise hat der Betriebsrat die IG Metall ausgebootet“, rügte das LAG Stuttgart.
Schon das Arbeitsgericht Stuttgart hatte den Versuch, die „Jahresfeier“ bei Kärcher zur Betriebsversammlung umzufunktionieren, nicht gelten lassen. Den hierauf erhobenen Vorwurf, die Gerichte sollten das alles doch nicht so förmlich sehen, wies nun das LAG schroff zurück.
„Formalien in Gesetzen dienen der Rechtsklarheit“, betonten die Stuttgarter Richter. Zu diese Formalien gehöre, dass Betriebsversammlungen nicht öffentlich sind; zu der Weihnachtsfeier seien aber auch die Mitarbeiter der anderen deutschen Kärcher-Standorte geladen gewesen. Zudem hätten der Arbeitgeber und der Gesamtbetriebsrat die Einladung ausgesprochen, und nicht wie vorgeschrieben der örtliche Betriebsrat. „Maßgeblich ist auch nicht, wie der Betriebsrat die Veranstaltung verstand, sondern zu was für einer Veranstaltung er eingeladen hat“, heißt es in den Urteilsgründen des LAG.
An seinen Motiven habe der Betriebsratsvorsitzende selbst keinerlei Zweifel gelassen. In seinem Urteil zitiert das LAG aus dessen Rede bei der Jahresfeier: „Ein Vertreter IG Metall möchte Einfluss auf unsere Firma nehmen und ebenso an unserem Erfolg als Weltmarktführer teilhaben. (…) Ich sage Ihnen hier und heute. Wir brauchen keine dritte Kraft in unserem Unternehmen. Wir stehen für eine Betriebsratsarbeit ohne die IG Metall. (…) Aus diesem Grund wird die von der IG Metall geforderte weitere Betriebsversammlung nicht stattfinden.“
Auch das LAG Stuttgart sah sich nun offenbar zu deutlichen Worten veranlasst. Das in Deutschland geltende Betriebsverfassungsgesetz gelte auch bei Kärcher, heißt es mehrfach in dem Urteil. Der Betriebsratsvorsitzende sei allerdings vor Gericht „selbstsicher bis selbstgefällig“ aufgetreten und habe nicht erkennen lassen, dass er sich künftig an das Gesetz halten wolle. Auch daher sei die Auflösung des Betriebsrats gerechtfertigt, so das LAG in seinem jetzt schriftlich veröffentlichten Beschluss vom 13.03.2014.
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