Fordern gemobbte Arbeitnehmer erst nach fast zwei Jahren von ihrem Chef Schmerzensgeld, können sie leer ausgehen. Denn nach so einem langen Zeitraum muss der Arbeitgeber nicht mehr mit der Geltendmachung von Ansprüchen wegen Mobbings rechnen, entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Nürnberg in einem aktuell veröffentlichten Urteil vom 25.07.2013 (AZ.: 5 Sa 525/11). Derart späte Forderungen verstießen gegen den Grundsatz von Treu und Glauben und könnten daher auch vor Ablauf der gesetzlichen Verjährungsfrist von drei Jahren verwirkt sein.
Im konkreten Fall war der Kläger in einem Unternehmen seit 1990 als „Personalfachberater/Fachberater Arbeitsrecht“ angestellt. Er hatte nur das 1. juristische Staatsexamen abgelegt und war damit noch kein Volljurist. Von 1998 bis 2006 erhielt er mehrere gute bis sehr gute Zwischenzeugnisse.
Als im Juni 2006 der Kläger einen neuen Vorgesetzten erhielt, wurden zwei Abteilungen des Unternehmens zusammengefasst. Als Fachberater sollten dort ausschließlich Volljuristen arbeiten. Dem Kläger wurde nahegelegt, zu kündigen. Dieser bewarb sich auf andere Stellen im Unternehmen – jedoch ohne Erfolg.
Im Oktober 2006 wurde der Arbeitsplatz des Mannes mit einer Volljuristin besetzt. Von einem Büro mit drei bis vier Arbeitsplätzen wurde er in ein Einzelbüro umgesetzt. Zugriff auf die Datenbestände des Unternehmens wurde ihm ebenfalls nicht mehr gewährt. Auch im Informationssystem des Unternehmens wurde der Kläger als Fachberater nicht mehr aufgeführt. Prämienauszahlungen an den Kläger wurden blockiert.
Als der Vorgesetzte von dem Kläger verlangte, innerhalb nur eines Monats sämtliche Betriebsvereinbarungen des Unternehmens und weitere aus anderen Konzernunternehmen zu überprüfen, wurde der Vorwurf des Mobbings laut. Der Arbeitgeber sprach deshalb eine Abmahnung aus, eine weitere folgte am 25.05.2007, weil der Kläger den Arbeitsauftrag nicht erfüllt hatte.
In der Folge war der Beschäftigte 2007 wegen eines chronischen Überlastungssyndroms und Depression insgesamt 52 Tage krankgeschrieben. 2008 war er an 216 Tagen und 2009 durchgängig arbeitsunfähig erkrankt. Es folgte Ende Februar 2010 die Kündigung.
Erst am 28.12.2010 klagte der Mann auf Schmerzensgeld wegen Mobbings. Sein früherer Arbeitgeber habe ihn mit zahlreichen Einzelhandlungen, unerfüllbaren Sonderaufgaben und dem Entzug bisheriger Aufgaben gemobbt. Der Vorgesetzte habe ihm mitgeteilt, dass er „Spaß“ daran habe, diesen Weg weiterzugehen. Letztlich sei er aufgrund des Mobbings erkrankt. Ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 10.000,00 € sei angemessen.
Der Arbeitgeber erklärte, dass er lediglich sein Unternehmen umstrukturiert habe. Eine Schikane sei hiermit nicht verbunden gewesen. Der Vorwurf, dass der Vorgesetzte „Spaß“ an vermeintlichen Mobbing-Handlungen gegenüber dem Kläger habe, entspreche nicht der Wahrheit.
Das LAG lehnte den Schmerzensgeldanspruch ab. Der Kläger habe erst fast zwei Jahre nach den geltend gemachten Mobbing-Ereignissen Klage eingereicht. Damit sei der Anspruch auch vor Ablauf der Verjährungsfrist verwirkt. Denn der Arbeitgeber konnte nach dieser Zeit darauf vertrauen, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden.
Bei der Geltendmachung von Ansprüchen wegen Mobbings sei entscheidend, dass konkrete Verletzungshandlungen und ein systematisches Vorgehen aufgezeigt werden. Dem Arbeitgeber müsse hier die Chance auf eine Erwiderung gegeben werden. Nach fast zwei Jahren seien Erinnerungen an einzelne Äußerungen und Verhaltensweisen aber verblasst.
Bis wann Mobbing-Ansprüche spätestens per Klage eingefordert werden müssen, legte das LAG nicht genau fest. Es wies jedoch daraufhin, dass nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz Opfer von Diskriminierung ihre Entschädigungsansprüche innerhalb von zwei Monaten geltend machen müssen. Dies könne eine Richtschnur sein.
Das LAG ließ die Revision zum Bundesarbeitsgericht in Erfurt zu.
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