Müssen sich Arbeitnehmer für eine gewisse Zeit um ihr krankes Kind kümmern, können sie von ihrem Arbeitgeber deshalb keinen vorübergehenden Teilzeitjob beanspruchen. Zwar ist der Arbeitgeber zur Rücksichtnahme verpflichtet, dass der Beschäftigte seine Arbeitsleistung auch erbringen kann, ein Anspruch auf einen befristeten Halbtagsarbeitsplatz ergibt sich daraus aber nicht, entschied das Landesarbeitsgericht (LAG) Rheinland-Pfalz in einem aktuell veröffentlichten Urteil vom 18.12.2014 (AZ: 5 Sa 378/14).
Geklagt hatte eine in Saarbrücken wohnhafte Frau, die als Sachbearbeiterin bei einer Versicherung angestellt war. Sie hatte zunächst in Saarbrücken gearbeitet, wegen einer Umstrukturierung der Versicherung wurde ihr Vollzeitarbeitsplatz aber einvernehmlich nach Mainz verlegt.
Doch nach einer Elternzeit war sie mit dem Mainzer Arbeitsplatz und dem damit verbundenen Pendeln nicht mehr einverstanden. Ihr im April 2010 geborener Sohn leide an einer „emotionalen Störung mit Überängstlichkeit im Kindesalter“, verbunden mit einer ausgeprägten Trennungsangst von der Mutter. Die Frau wollte daher wieder in Saarbrücken arbeiten – und zwar vorübergehend in einem Halbtagsjob. Alternativ sei auch eine Teilzeitbeschäftigung in einem „Home-Office“ zu Hause möglich.
Der Arbeitgeber lehnte dies jedoch ab. In Saarbrücken gebe es keine vergleichbaren Arbeitsplätze für die Mutter. Die Versicherung wollte den Betrieb auch nicht so umorganisieren, dass es für die Klägerin passt. Eine vollkommen isolierte Tätigkeit im Home-Office sei ebenfalls nicht möglich, da eine fachliche und disziplinarische Aufsicht und Anleitung im Tagesgeschäft notwendig sei.
Die Klägerin meinte, dass sie Anspruch auf einen Teilzeitarbeitsplatz in Saarbrücken oder auf die Einrichtung eines Heimarbeitsplatzes habe. Schließlich habe der Arbeitgeber eine Fürsorgepflicht gegenüber seinen Beschäftigten. Der Arbeitgeber müsse ihr im Grundgesetz verankertes Recht der Eltern zur Pflege und Erziehung ihrer Kinder berücksichtigen. Er sei verpflichtet, „ihr vermeidbare Belastungen zu ersparen und ein Nebeneinander von Kindererziehung und Erwerbstätigkeit zu ermöglichen“.
Das LAG stellte nun klar, dass nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz Arbeitnehmer zwar grundsätzlich eine Verringerung ihrer Arbeitszeit verlangen können. Ein Anspruch auf eine nur vorübergehende Verkürzung der Arbeitszeit bestehe – anders als bei der Elternzeit – aber nicht. Arbeitnehmer könnten auch nicht verlangen, dass der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis nach Inhalt und Ort der Arbeitsleistung umgestaltet.
Arbeitgeber seien allerdings gesetzlich zur Rücksichtnahme verpflichtet, so dass Arbeitnehmern im vereinbarten Rahmen ihre Leistungserbringung wieder ermöglicht wird. Dies beinhalte aber nur, dass der Arbeitgeber den Antrag der Klägerin auf Änderung der vertraglichen Beziehungen prüfen und darüber nach „Treu und Glauben“ befinden muss.
Die Klägerin habe zwar auf ihr Elterngrundrecht gepocht, aber auch der Arbeitgeber könne sich im Grundgesetz auf die Gestaltung seiner unternehmerischen Freiheit berufen. Der Arbeitgeber habe hier plausibel seine Interessen dargelegt, warum er für die Mutter in Saarbrücken keinen vorübergehenden Teilzeitarbeitsplatz schaffen kann. Die Klägerin habe zudem dem Arbeitsplatzwechsel nach Mainz zuvor zugestimmt. Das Vereinbarkeitsproblem zwischen Mobilität und aktiver Elternschaft könne die Frau außerdem durch einen Umzug nach Mainz lösen. Dies habe die Klägerin aber kategorisch abgelehnt.
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