Unternehmen und Behörden fällt es zunehmend schwer, Arbeitsplätze zu besetzen. Die Zahl der offenen Stellen in Deutschland ist wegen der Coronavirus-Pandemie im Frühjahr um fast eine halbe Million gesunken. Sie fiel zwischen April und Juni zum Vorjahresquartal um 496.000 oder knapp 36 Prozent auf 893.000, wie das Forschungsinstitut IAB der Bundesagentur für Arbeit kürzlich bekanntgab. Weil zugleich die Arbeitslosigkeit zunahmen, kam auf 3,1 Arbeitslose nur noch eine offene Stelle. Im Vorjahresquartal lag dieser Wert noch bei 1,6. Zu dieser äußerst problematischen Situation kommt noch hinzu, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen, die im Zusammenhang mit Bewerbungsverfahren zu beachten sind, in den letzten Monaten und Jahren komplizierter geworden sind.
Diese Artikelserie möchte daher Hilfestellung bieten und auf die wichtigsten „Stolperfallen“ eingehen:
Hier gelangen Sie zu Teil 1 und Teil 2.
3. Vorstellungsgespräch
Rechtlich zulässige Fragen muss ein Bewerber im Vorstellungsgespräch wahrheitsgemäß beantworten. Verstößt er dagegen, kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis im Nachhinein wegen sog. arglistiger Täuschung nach § 123 BGB anfechten. Im Falle einer wirksamen Anfechtung ist das Arbeitsverhältnis – wie bei einer fristlosen Kündigung – sofort beendet.
Zulässig sind Fragen, bei denen ein konkreter Bezug zur ausgeübten Tätigkeit besteht, insbesondere nach:
- dem Wohnort des Bewerbers,
- beruflichen und fachlichen Kenntnissen, beruflichem Werdegang und Zeugnisnoten,
- vorhergehenden Arbeitgebern und der jeweiligen Beschäftigungsdauer,
- bestehenden Wettbewerbsverboten zum Zeitpunkt der Einstellung,
- Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis bei ausländischen Bewerbern,
- noch nicht getilgten Vorstrafen, sofern sie für die Tätigkeit bedeutsam sind,
- dem Gesundheitszustand, soweit dieser für den betreffenden Arbeitsplatz relevant ist.
Unzulässig sind jegliche Fragen
- aus dem Bereich Privatsphäre (z. B. Familienstand, Kinderwunsch, sexuelle Orientierung),
- nach dem Freizeitverhalten,
- nach Krankheiten ohne konkreten Tätigkeitsbezug,
- nach einer bestehenden Schwerbehinderung
- nach der Zugehörigkeit zu Gewerkschaften, Parteien und Religion.
Ebenso unzulässig ist vor der Einstellung die Frage nach einer Schwangerschaft, selbst wenn Beschäftigungsverbote aus dem Mutterschutzgesetz eine Beschäftigung verbieten. Dies gilt selbst für den Fall, dass aufgrund von Schutzvorschriften eine Tätigkeitsaufnahme nicht oder nur für einen eng begrenzten Zeitraum möglich ist.
Unzulässige Fragen brauchen nicht oder nicht zutreffend beantwortet werden. Der Bewerber hat damit ein „Recht zur Lüge“. Eine Anfechtung wegen arglister Täuschung seitens des Arbeitgebers kommt damit nicht infrage.
Abhängig vom Einzelfall können Arbeitgeber und Bewerber verpflichtet sein, bestimmte Umstände ungefragt von sich aus zu offenbaren, nämlich alle Umstände, die für die Ausübung der zu besetzenden Stelle wichtig sind.
Der Arbeitgeber hat insbesondere in folgenden Fällen eine Informationspflicht:
- überdurchschnittliche Anforderungen,
- besondere gesundheitliche Belastungen,
- Gefährdung des Arbeitsplatzes bei geplanter Umstrukturierung,
- zukünftige Gefährdung von Löhnen und Gehältern.
Verstößt der Arbeitgeber gegen seine Offenbarungspflicht, dann macht er sich gegenüber dem Arbeitnehmer schadensersatzpflichtig.
Die Bewerber haben etwa auf eine Alkoholabhängigkeit bei einem Berufskraftfahrer oder auf eine fehlende Arbeitserlaubnis hinzuweisen.
Teil 4 der Artikelserie wird in den nächsten Tagen erscheinen.
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Der Beitrag Artikelserie zum rechtmäßigen Bewerbungsverfahren – Teil 3 erschien zuerst auf Thorsten Blaufelder.