Mit dieser neuen, mehrteiligen Artikelserie möchte ich erläutern, was unter Mobbing zu verstehen ist, zu welchen Folgen Mobbinghandlungen führen können, welche Abwehrmöglichkeiten bestehen und welche Maßnahmen Arbeitgeber zur Verhinderung von Mobbingsituationen ergreifen müssen.
Teil 1 der Artikelserie finden Sie hier: Allgemein
2. Was genau versteht man unter „Mobbing“?
Mancher Beschäftigter, der mit seinem Vorgesetzten oder mit Kollegen Ärger hat, spricht heutzutage schnell von Mobbing. Allerdings ist damit den wirklichen Mobbingopfern nicht geholfen. Der Begriff „Mobbing“ ist eine Wortschöpfung und ist dem englischen Verb „to mob“ entlehnt, was so viel wie „über jemanden herfallen, anpöbeln, angreifen oder attackieren“ bedeutet. Im Gegensatz zu Ländern wie Schweden, Finnland und Frankreich gibt es in Deutschland kein Mobbing-Gesetz und damit auch keine gesetzliche Begriffsbestimmung. Es gibt zum einen eine juristische Begriffsbestimmung und darüber hinaus zahlreiche allgemeine Definitionen.
Nach Heinz Leymann, dem Pionier der Mobbingforschung, wird unter Mobbing „eine konfliktbelastete Kommunikation am Arbeitsplatz unter Kollegen oder zwischen Vorgesetzten und Kollegen verstanden, bei der die angegriffene Person unterlegen ist und von einer oder einigen Personen systematisch, oft und während einer längeren Zeit mit dem Ziel und/oder dem Effekt des Ausstoßes aus dem Arbeitsverhältnis direkt oder indirekt angegriffen wird und dies als Diskriminierung empfindet.“ Leymann entwickelte einen Katalog von 45 Mobbinghandlungen, anhand dessen Mobbing festgestellt werden kann.
Das Bundesarbeitsgericht hat in einem Beschluss vom 15.01.1997 (AZ: 7 ABR 14/96) Mobbing wie folgt definiert: „Mobbing ist das systematische Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren von Arbeitnehmern untereinander oder durch Vorgesetzte.“
Deutlich umfassender hat sich das Landesarbeitsgericht Thüringen in seinem Urteil vom 10.04.2001 (AZ: 5 Sa 403/00) mit dem Thema Mobbing befasst: „Im arbeitsrechtlichen Verständnis erfasst der Begriff des „Mobbings“ fortgesetzte, aufeinander aufbauende oder ineinander übergreifende, der Anfeindung, Schikane oder Diskriminierung dienende Verhaltensweisen, die nach Art und Ablauf im Regelfall einer übergeordneten, von der Rechtsordnung nicht gedeckten Zielsetzung förderlich sind und jedenfalls in ihrer Gesamtheit das allgemeine Persönlichkeitsrecht oder andere ebenso geschützte Rechte wie die Ehre oder die Gesundheit des Betroffenen verletzen. Ein vorgefasster Plan ist nicht erforderlich. Eine Fortsetzung des Verhaltens unter schlichter Ausnutzung der Gelegenheiten ist ausreichend. […] Ein wechselseitiger Eskalationsprozess, der keine klare Täter-Opfer-Beziehung zulässt, steht regelmäßig der Annahme eines Mobbingsachverhaltes entgegen.“
Sämtliche geläufigen Begriffsbestimmungen stimmen darin überein, dass
- der Betroffene von Kollegen oder Vorgesetzten angefeindet, schikaniert oder diskriminiert wird,
- sich der Betroffene in einer unterlegenen Position – in einer klaren Täter-Opfer-Beziehung – befindet und
- die feindseligen Handlungen über einen längeren Zeitraum hinweg und systematisch vorgenommen werden.
Mobbing hat damit Methode und System und tritt über eine größere Zeitspanne auf. Wenn sich jemand mal im Ton vergreift oder unfreundlich ist, ist das eine alltägliche und unschöne Konfliktsituation am Arbeitsplatz, die immer wieder vorkommen kann, aber noch kein Mobbing.
Wie sich ein typischer Mobbingverlauf gestaltet, erkläre ich in Teil 3 der Artikelserie, der in den nächsten Tagen erscheinen wird.
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Der Beitrag Artikelserie zu Mobbing am Arbeitsplatz – Teil 2 erschien zuerst auf Thorsten Blaufelder.