Eine Verfallsklausel im Arbeitsvertrag ist nicht insgesamt unwirksam, nur weil sie den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestlohn nicht ausnimmt. Das hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg in Stuttgart in einem am Dienstag, 21.08.2018, veröffentlichten Urteil entschieden (AZ: 11 Sa 40/17).
Es wies damit einen Techniker aus Südbaden ab. Seine frühere Firma stellt Plattformen, Brücken und andere Produkte aus Aluminium her.
Im August 2016 forderte der Techniker von seinem Arbeitgeber Lohnnachschläge sowie Urlaubs- und Weihnachtsgeld für 2013 bis 2015 – insgesamt gut 100.000,00 €.
Der Arbeitgeber wies den Vorwurf des „Lohnwuchers“ zurück und verwies zudem auf die arbeitsvertragliche Verfallsklausel. Danach müssen Arbeitgeber und Arbeitnehmer gegenseitige Forderungen innerhalb von drei Monaten geltend machen.
Wie schon das Arbeitsgericht Lörrach ist dem nun auch das LAG Stuttgart gefolgt. Der Lohn sei nicht sittenwidrig niedrig gewesen, ein Anspruch auf Nachschläge bestehe daher nicht. Ansprüche auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld für 2013 bis 2015 seien verfallen.
Die im Arbeitsvertrag vereinbarte Ausschlussfrist von drei Monaten sei weder überraschend noch aus anderen Gründen unwirksam, betonte das LAG zur Begründung. Auch scheitere sie nicht daran, dass sie Lohnansprüche in Höhe des Mindestlohns nicht ausdrücklich ausnimmt.
Zwar seien nach dem Mindestlohngesetz Verfallsfristen auf den Mindestlohn nicht anwendbar. Nach Ziel und Formulierung des Gesetzes sei dies aber auf den Mindestlohn beschränkt und mache solche Fristen nicht insgesamt unwirksam.
Zudem gehe es hier um einen alten Arbeitsvertrag aus der Zeit vor dem Mindestlohngesetz. Der Ausschluss des Mindestlohns von der Verfallsfrist habe dort noch gar nicht geregelt werden können. Die Verfallsklausel werde deswegen nun auch nicht nachträglich intransparent. Andernfalls müssten sämtliche alten Arbeitsverträge angepasst werden, argumentiert das LAG Stuttgart in seinem jetzt schriftlich veröffentlichten Urteil vom 06.04.2018.
Mit Urteil vom 20.06.2018 hatte auch das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt entschieden, dass der Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn nicht bereits innerhalb vertraglicher Ausschlussfristen verfällt (AZ: 5 AZR 377/17). Danach gilt hier die gesetzliche Verjährungsfrist von drei Kalenderjahren. Innerhalb dieser Zeit können Arbeitnehmer mit einem höheren Stundenlohn zumindest den Mindestlohn auch noch nach Ablauf der vertraglichen Verfallsfrist geltend machen.
In einem weiteren Urteil vom selben Tag ließen die obersten Arbeitsrichter aber ausdrücklich offen, ob eine arbeitsvertragliche Ausschlussfrist insgesamt unwirksam ist, wenn sie den Mindestlohn nicht ausdrücklich ausnimmt (AZ: 5 AZR 262/17). Nach dem Stuttgarter Urteil ist dies nicht der Fall, das LAG ließ aber insoweit die Revision zum BAG zu.
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