Arbeitgeber dürfen bei einem konkreten Verdacht über arbeitsvertragswidriges Verhalten eines Beschäftigten die von einem dienstlichen Mail-Konto geschriebenen E-Mails kontrollieren. Dies gilt umso mehr, wenn gar nicht sicher ist, dass auf dem vom Arbeitgeber genutzten Server auch private Mails des Arbeitnehmers abgespeichert sind und damit nur eine abstrakte Gefahr einer Persönlichkeitsrechtsverletzung besteht, entschied das Arbeitsgericht Weiden in einem am Freitag, 11.08.2017, veröffentlichten Beschluss (AZ: 3 Ga 6/17).
Der Sachverhalt
Konkret ging es um einen Arbeitnehmer, der seit vielen Jahren als Sachbearbeiter in der Projektsteuerung im Bereich Industrial Engineering und für die Kommunikation und Koordination mit ausländischen Werken zuständig war.
Am 14.10.2016 verschickte der Beschäftigte eine Mail an einen Kollegen im Ausland und offenbar versehentlich eine Kopie an den Arbeitgeber. In der Mail hatte der Sachbearbeiter Vorschläge unterbreitet, wie angefallene Arbeitszeiteinsparungen nicht publik gemacht werden können. Er befürchtete, dass sonst Vorgabezeiten für bestimmte Arbeiten verkürzt würden.
Der Arbeitgeber sah darin ein arbeitsvertragswidriges Verhalten sowie einen Loyalitätsverstoß und mahnte den Beschäftigten ab. Mit den in der Mail enthaltenen Vorschlägen drohten massive finanzielle Schäden. Das Unternehmen befürchtete auch in anderen Fällen ein arbeitsvertragswidriges Verhalten des Beschäftigten und wollte daher weitere dienstliche E-Mails kontrollieren.
Der Arbeitnehmer sowie ein Betriebsratsmitglied könnten bei der Durchsicht der Mails anwesend sein. So solle sichergestellt werden, dass möglicherweise vorhandene private Mails nicht gelesen werden.
Der Beschäftigte lehnte die Kontrolle seiner Dienst-Mails strikt ab und suchte vor Gericht einstweiligen Rechtsschutz. Einen Grund für die unbeschränkte zeitliche und inhaltliche Überprüfung seiner Mails gebe es nicht. Der Arbeitgeber müsse das Fernmeldegeheimnis wahren und habe daher kein Recht auf Einsichtnahme.
Das Unternehmen argumentierte, dass es in bestimmten Situationen möglich sein müsse, dienstliche E-Mails einzusehen, um beispielsweise auch die Korrespondenz mit Geschäftspartnern nachvollziehen zu können. Er sei auch Eigentümer dieser Dienst-Mails, so der Arbeitgeber. Hier gebe es auch ein berechtigtes Interesse an der E-Mail-Kontrolle. Denn es müsse geprüft werden, ob der Kläger auch in anderen Fällen arbeitsvertragswidrig gegen das Unternehmen gehandelt hat und dadurch Schäden aufgelaufen sind.
Arbeitsgericht gibt dem Arbeitgeber Recht
Das Arbeitsgericht gab dem Arbeitgeber in seinem Beschluss vom 17.05.2017 recht. Der Arbeitgeber unterliege nicht dem Fernmeldegeheimnis und den schützenden Vorschriften des Telekommunikationsgesetzes. Das Gesetz sei kein Arbeitnehmerschutzgesetz. Vielmehr sei für die E-Mail-Kontrolle das Bundesdatenschutzgesetz anzuwenden.
Danach sei eine Datenverarbeitung – wozu auch das Lesen von E-Mails gehört – zulässig, wenn es tatsächliche Anhaltspunkte für ein vertragswidriges Verhalten gibt und der Mail-Kontrolle „keine überwiegenden schutzwürdigen Interessen des Beschäftigten entgegenstehen“.
Hier gebe es mit der im Streit liegenden E-Mail Anhaltspunkte auch für weitere arbeitsrechtliche Pflichtverletzungen durch den Kläger, was eine Einsichtnahme in die dienstlichen E-Mails rechtfertige. Dies sei auch verhältnismäßig, da sowohl der Kläger als auch ein Betriebsratsmitglied dabei anwesend sein sollen. So könne der Verdacht erhärtet oder ausgeräumt werden.
Zwar sei nicht ausgeschlossen, dass der Arbeitnehmer von seinem dienstlichen E-Mail-Konto auch private E-Mails geschrieben habe, deren Offenlegung sein Persönlichkeitsrecht verletzt. Der Kläger habe aber erklärt, ihm sei die Existenz solcher privaten Mails nicht bekannt, so dass eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts nur abstrakt bestehe.
Der Kläger legte beim Landesarbeitsgericht (LAG) Nürnberg unter dem Aktenzeichen 3 SaGa 10/17 Berufung ein. Diese wurde zurückgewiesen. Damit ist die Entscheidung rechtskräftig.
Am 17.01.2016 hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte zur Kommunikationsüberwachung durch den Arbeitgeber geurteilt, dass dieser Internet-Messenger-Dienste kontrollieren darf (AZ: 61496/08). Danach hatte der Arbeitgeber den Dienst im Glauben überwachen dürfen, dass dort nur kundenbezogene Nachrichten enthalten sind.
Auch das LAG Berlin-Brandenburg hatte am 16.02.2011 entschieden, dass Arbeitgeber Zugriff auf das betriebliche E-Mail-Konto eines Beschäftigten haben können (AZ: 4 Sa 2132/10). Hier hatte der Arbeitgeber mit Zustimmung des Betriebsrats firmenrelevante Mails einer länger erkrankten Arbeitnehmerin ausgewertet.
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