Rechtsanwalt Thorsten Blaufelder

Kanzlei Blaufelder
71638, Ludwigsburg
20.02.2015

Arbeitgeber darf Mitarbeiter nicht ohne Weiteres durch Detektiv überwachen

Verdächtigt ein Arbeitgeber einen Mitarbeiter des Blaumachens, darf er diesen ohne konkrete Hinweise nicht von einem Detektiv überwachen lassen. Allein das Einreichen mehrerer Krankschreibungen reicht nicht aus, dass der Chef Beschäftigte observieren lässt, urteilte am Donnerstag, 19.02.2015, das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt (AZ: 8 AZR 1007/13). Die Erfurter Richter entschieden damit erstmals, inwieweit ein Arbeitgeber eine Überwachung durch einen Detektiv veranlassen darf. Danach ist dies nur bei konkreten Hinweisen auf eine schwere arbeitsvertragliche Pflichtverletzung zulässig. Ob in solchen Fällen dann auch Videoaufzeichnungen erlaubt sind, blieb offen.

Geklagt hatte eine 50-jährige Sekretärin der Geschäftsleitung eines Unternehmens aus dem Raum Münster. Sie hatte Ende 2011 einen Streit mit ihrem Chef. Kurze Zeit später meldete sie sich wegen einer „Bronchialerkrankung“ arbeitsunfähig. Bis Ende Februar 2012 erschien sie nicht zur Arbeit und reichte insgesamt sechs ärztliche Atteste ein, zuletzt wegen eines Bandscheibenvorfalls.

Den Bandscheibenvorfall kaufte der Arbeitgeber ihr nicht ab. Er vermutete, dass die Frau blaumachte. Um dies beweisen zu können, beauftragte er einen Detektiv, der die Sekretärin überwachen sollte.

Während eines Zeitraums von rund zwei Wochen beobachtete der Detektiv die Frau mitsamt ihrem Mann und ihrem Hund vor ihrem Haus. Auch der Besuch der Frau in einem Waschsalon wurde registriert. Der Detektiv dokumentierte alles auf Video.

Die Beauftragung des Detektivs und die Videoaufnahmen hielt die Klägerin für rechtswidrig. Ihr Persönlichkeitsrecht sei verletzt worden. Sie habe dadurch behandlungsbedürftige „erhebliche psychische Beeinträchtigungen“ erlitten. Ihr Arbeitgeber müsse ein Schmerzensgeld in Höhe von 10.500,00 € zahlen.

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm gab ihr zwar im Grundsatz recht, sprach der Frau jedoch nur ein Schmerzensgeld in Höhe von 1.000,00 € zu.

Das BAG entschied, dass ohne ernstliche Zweifel an der Glaubwürdigkeit einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung der Arbeitgeber generell keine Überwachung durch einen Detektiv veranlassen darf. Allein das Einreichen mehrerer Krankschreibungen könne deren Beweiswert nicht ausreichend erschüttern.

Die Observation einschließlich der heimlichen Videoaufnahmen sei hier daher rechtswidrig gewesen. Das vom LAG zugebilligte Schmerzensgeld in Höhe von 1.000,00 € sei aber für die Klägerin angemessen.

Offen gelassen hat das BAG, ob Videoaufnahmen des Beschäftigten dann erlaubt sind, wenn es tatsächlich konkrete Hinweise auf eine missbräuchliche Krankschreibung gibt. Das könnte etwa dann der Fall sein, wenn einem Arbeitnehmer eingereichter Urlaub nicht bewilligt wird und er dann ausgerechnet zu dem beantragten Urlaubstermin krank wird.

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